Es wurde mal wieder Zeit für meine kleine Rubrik der Filmbesprechungen über Streifen, in denen BDSM eine Rolle spielt. Wie immer geht es weniger um die Qualität des Films, den künstlerischen oder den Unterhaltungswert. Viel mehr geht es darum, wie BDSM dargestellt wird und was dem Zuschauer über BDSM vermittelt wird.
Eine kurze Zusammenfassung. Juha ist Arzt und seine Frau stirbt bei einem Badeunfall. Er bleibt alleine mit seiner minderjährigen Tochter zurück. Der Verlust trifft ihn hart und auch noch Jahre nach dem Tod seiner Frau leidet Juha. In einer Szene sehen wir, wie er sich während der Selbstbefriedigung ein Kleid seiner Frau um den Kopf wickelt und sich dabei mit ihrem Parfum besprüht. Es ist offensichtlich, dass er ihren Verlust auch Jahre später nicht verwunden hat und dass eine Sexualität offenbar völlig zum Erliegen gekommen ist.
Mehr durch einen Zufall, weil er seine inzwischen Teenager-Tochter zu einer Piercerin fährt, stolpert Juha in das Dominastudio von Mona. Wenige Tage später wagt er es, als kompletter Neuling dort einen Termin zu machen. Damit beginnt eine wilde und extreme Reise in das Reich des BDSM.
Leider wird im Film nicht gezeigt, was vor dem ersten Treffen oder überhaupt vor den Sessions besprochen wird. Daher kann ich nur annehmen, dass Mona nicht einfach wild drauflos agiert, sondern in etwa weiß, was Juha sucht.
Jedenfalls geht sie direkt in die Vollen und hält sich nicht mit Dingen wie Klapsen auf den Arsch oder ähnlichem auf. Sie erklärt Juha, er sei ein Hund und gehöre daher auf alle Viere. Nackt natürlich. Daher auch der Titel des Films, der wörtlich mehrmals so fällt.
In der Folge geht es viel um Breathplay, also darum, Juha die Luft zum Atmen zu nehmen. Da schließt sich natürlich der Kreis zu dem Unfall, bei dem seine Frau gestorben ist. Denn die Erfahrung, fast zu ersticken, führt ihn zurück zu dem Moment, in dem er bei dem Versuch, sie aus dem Wasser zu ziehen, beinahe selber ertrunken wäre.
Es geht in diesem Film sehr viel um die Erfahrung, wie BDSM erlösend, ja kathartisch sein kann. Juha sucht seine Lust und geht dafür in den Moment zurück, in dem er seine Frau verloren hat. Vielleicht, um sich zu bestrafen, vielleicht um eben Erlösung zu finden. Wir wissen es nicht. Jedenfalls findet Juha in BDSM etwas, dass ihm hilft, wenngleich diese Hilfe auch extreme Formen annimmt.
Mona wiederum ist im Alltag offenbar Physiotherapeutin und lebt als Domina ihre Neigung aus. Sie liebt es, Schmerzen zuzufügen und zu erniedrigen. Vor allem genießt sie es aber, das alles vollkommen nach ihren Spielregeln zu tun. An einer Stelle wird sie von einer Freundin gefragt, ob sie nicht auch ab und zu davon träume, etwas „normales“ zu machen und sagt den wunderbaren Satz „I don’t like ordinary stuff„.
Im Gegensatz zum BDSM-Klischee in Filmen ist Mona kein Opfer. Mona ist selbstbestimmt und mag das, was sie tut. Das ist einer der Punkte, die mir ausgesprochen gut gefallen haben. Vor allem, als in einer Szene offenbar wird, dass Mona eigentlich gerne noch viel weiter gehen möchte, als sie es im Job kann. Da wird ihre eigene Begierde und Neigung offenbar. Mona ist eine Frau mit Begierden und keine Wunscherfüllerin.
Hin und wieder ist der Film auch witzig. Als Juha zum Beispiel eine Session verlässt und Mona eigentlich noch gerne weiter gemacht hätte, schaut sie ihm aus dem Fenster hinterher und flüstert „Fucking Dog“, worauf ihr echter Hund sie anschaut und sie zu ihm sagt „Not you!“.
Natürlich verrate ich nicht, wie die Geschichte ausgeht. Aber ich sage euch gerne, dass ich die Darstellung von BDSM sehr gut und realistisch fand. Wie immer, wenn es über Seidenschals und Hintern verhauen hinausgeht, wird es die meisten Menschen schockieren, die keine Verbindung zu BDSM haben. Vielleicht euch viele, die BDSM leben. Aber wenn man über die eine oder andere Praktik hinwegsieht, dann sieht man zwei Menschen, die etwas suchen, dass ihnen im Leben fehlt und es finden. Nicht mehr und nicht weniger.
„Dogs don’t wear pants“ ist harter Stoff und das in mehrerlei Hinsicht. Aber BDSM ist hier nichts, an dem die Menschen leiden. Ganz im Gegensatz zum Marktführer „Fifty Shades of Grey„, wo man ja von BDSM geheilt werden muss. BDSM ist hier nicht das Problem, sondern die Lösung.
Ich bin gerne bereit zuzugeben, dass BDSM ist nicht immer und für alles die Lösung sein kann. Aber erst, wenn der Mainstream aufhört, BDSM in so schöner Regelmäßigkeit als das Problem darzustellen.
Schaut den Film nicht mit Menschen, die von BDSM keine Ahnung haben oder denen ihr das Thema vielleicht schmackhaft machen wollt. Aber schaut ihn euch ruhig an. Von mir ein Daumen nach oben.
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