„Dogs don’t wear pants“

Es wurde mal wieder Zeit für meine kleine Rubrik der Filmbesprechungen über Streifen, in denen BDSM eine Rolle spielt. Wie immer geht es weniger um die Qualität des Films, den künstlerischen oder den Unterhaltungswert. Viel mehr geht es darum, wie BDSM dargestellt wird und was dem Zuschauer über BDSM vermittelt wird.

Eine kurze Zusammenfassung. Juha ist Arzt und seine Frau stirbt bei einem Badeunfall. Er bleibt alleine mit seiner minderjährigen Tochter zurück. Der Verlust trifft ihn hart und auch noch Jahre nach dem Tod seiner Frau leidet Juha. In einer Szene sehen wir, wie er sich während der Selbstbefriedigung ein Kleid seiner Frau um den Kopf wickelt und sich dabei mit ihrem Parfum besprüht. Es ist offensichtlich, dass er ihren Verlust auch Jahre später nicht verwunden hat und dass eine Sexualität offenbar völlig zum Erliegen gekommen ist.

Mehr durch einen Zufall, weil er seine inzwischen Teenager-Tochter zu einer Piercerin fährt, stolpert Juha in das Dominastudio von Mona. Wenige Tage später wagt er es, als kompletter Neuling dort einen Termin zu machen. Damit beginnt eine wilde und extreme Reise in das Reich des BDSM.

Leider wird im Film nicht gezeigt, was vor dem ersten Treffen oder überhaupt vor den Sessions besprochen wird. Daher kann ich nur annehmen, dass Mona nicht einfach wild drauflos agiert, sondern in etwa weiß, was Juha sucht.

Jedenfalls geht sie direkt in die Vollen und hält sich nicht mit Dingen wie Klapsen auf den Arsch oder ähnlichem auf. Sie erklärt Juha, er sei ein Hund und gehöre daher auf alle Viere. Nackt natürlich. Daher auch der Titel des Films, der wörtlich mehrmals so fällt.

In der Folge geht es viel um Breathplay, also darum, Juha die Luft zum Atmen zu nehmen. Da schließt sich natürlich der Kreis zu dem Unfall, bei dem seine Frau gestorben ist. Denn die Erfahrung, fast zu ersticken, führt ihn zurück zu dem Moment, in dem er bei dem Versuch, sie aus dem Wasser zu ziehen, beinahe selber ertrunken wäre.

Es geht in diesem Film sehr viel um die Erfahrung, wie BDSM erlösend, ja kathartisch sein kann. Juha sucht seine Lust und geht dafür in den Moment zurück, in dem er seine Frau verloren hat. Vielleicht, um sich zu bestrafen, vielleicht um eben Erlösung zu finden. Wir wissen es nicht. Jedenfalls findet Juha in BDSM etwas, dass ihm hilft, wenngleich diese Hilfe auch extreme Formen annimmt.

Mona wiederum ist im Alltag offenbar Physiotherapeutin und lebt als Domina ihre Neigung aus. Sie liebt es, Schmerzen zuzufügen und zu erniedrigen. Vor allem genießt sie es aber, das alles vollkommen nach ihren Spielregeln zu tun. An einer Stelle wird sie von einer Freundin gefragt, ob sie nicht auch ab und zu davon träume, etwas „normales“ zu machen und sagt den wunderbaren Satz „I don’t like ordinary stuff„.

Im Gegensatz zum BDSM-Klischee in Filmen ist Mona kein Opfer. Mona ist selbstbestimmt und mag das, was sie tut. Das ist einer der Punkte, die mir ausgesprochen gut gefallen haben. Vor allem, als in einer Szene offenbar wird, dass Mona eigentlich gerne noch viel weiter gehen möchte, als sie es im Job kann. Da wird ihre eigene Begierde und Neigung offenbar. Mona ist eine Frau mit Begierden und keine Wunscherfüllerin.

Hin und wieder ist der Film auch witzig. Als Juha zum Beispiel eine Session verlässt und Mona eigentlich noch gerne weiter gemacht hätte, schaut sie ihm aus dem Fenster hinterher und flüstert „Fucking Dog“, worauf ihr echter Hund sie anschaut und sie zu ihm sagt „Not you!“.

Natürlich verrate ich nicht, wie die Geschichte ausgeht. Aber ich sage euch gerne, dass ich die Darstellung von BDSM sehr gut und realistisch fand. Wie immer, wenn es über Seidenschals und Hintern verhauen hinausgeht, wird es die meisten Menschen schockieren, die keine Verbindung zu BDSM haben. Vielleicht euch viele, die BDSM leben. Aber wenn man über die eine oder andere Praktik hinwegsieht, dann sieht man zwei Menschen, die etwas suchen, dass ihnen im Leben fehlt und es finden. Nicht mehr und nicht weniger.

„Dogs don’t wear pants“ ist harter Stoff und das in mehrerlei Hinsicht. Aber BDSM ist hier nichts, an dem die Menschen leiden. Ganz im Gegensatz zum Marktführer „Fifty Shades of Grey„, wo man ja von BDSM geheilt werden muss. BDSM ist hier nicht das Problem, sondern die Lösung.

Ich bin gerne bereit zuzugeben, dass BDSM ist nicht immer und für alles die Lösung sein kann. Aber erst, wenn der Mainstream aufhört, BDSM in so schöner Regelmäßigkeit als das Problem darzustellen.

Schaut den Film nicht mit Menschen, die von BDSM keine Ahnung haben oder denen ihr das Thema vielleicht schmackhaft machen wollt. Aber schaut ihn euch ruhig an. Von mir ein Daumen nach oben.


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„Eine dunkle Begierde“

Der Streifen ist etwas untypisch für meine kleine Rubrik von „Filmen, in denen BDSM eine Rolle spielt“. Er ist hochkarätig besetzt und behandelt BDSM eher am Rande. Eigentlich ist es eine Art Biopic oder ein recht konventioneller Film über eine Rivalität zweier Männer.

Der Film beginnt mit der Einlieferung der russischen Jüdin Sabina Spielrein in einer Klinik. Es ist das Jahr 1904. Spielrein ist in sehr schlechter psychologischer Verfassung und niemand scheint die Ursache für ihr Leiden zu finden. Der junge Carl Gustav Jung beginnt ihre Behandlung mit der neuartigen Methode der Psychoanalyse, die Sigmund Freud entwickelt hat.

Es beginnt eine immer enger werdende Bindung zwischen Sabina Spielrein und Jung, die schließlich zu einer Affäre wird. Außerdem entwickelt sich auf der Korrespondenz zwischen Jung und Freud eine Zusammenarbeit und Freundschaft, die mit der Zeit immer mehr zur Rivalität wird.

Ich mochte den Film aus mehreren Gründen. Er ist toll gespielt. Die Darsteller Michael Fassbender als Jung, Keira Knightley als Sabina Spielrein und Viggo Mortensen als Freud sind großartig. Auch wenn Knightley am Anfang vielleicht etwas dick aufträgt, spielt sie die Entwicklung ihrer Figur hervorragend.

Zudem behandelt der Film mit der Entstehung der Psychoanalyse als Therapieform ein Thema, dass ich sehr spannend finde. Da rennt der Film bei mir also offene Türen ein.

Am Ende will der Regisseur David Cronenberg einfach zu viel, damit der Film als wirklich herausragend gelten kann. In gerade einmal einhundert Minuten die Geschichte der Psychoanalyse, der Beziehung zwischen Jung und Freud und vor allem der unterschätzten Rolle von Sabina Spielrein für die Entwicklung dieser neuen Wissenschaft darzustellen, ist zu ambitioniert.

Für mich hat es aber genügt, um mich noch ein wenig mit dem Thema zu beschäftigen und ich fand hoch spannend, was ich noch alles gefunden habe. Vor allem über die mir bis dato unbekannte Sabina Spielrein. Ihre Rolle bei der Entwicklung der Psychoanalyse wurde lange unterschätzt oder war gar unbekannt. Laut Wikipedia gilt sie heute als „Pionierin der Psychoanalyse des Kindes und der Analyse der kindlichen Entwicklung der Psyche“.

Sie muss auch eine eher lakonische Frau gewesen sein, denn anlässlich ihrer Hochzeit mit dem Arzt Paul Scheftel 1912 notierte sie in ihrem Tagebuch „Dr. Paul Scheftel geheiratet. Fortsetzung folgt.„. Auf den Punkt.

Im Jahr 1942 wurde Sabina Spielrein zusammen mit ihren beiden Töchtern von einem SS-Kommando in Rostow ermordet.

Während Freud 1939 in London starb, lebte C.G. Jung noch bis 1961 und wurde zu einem der bedeutendsten Psychiater und Begründer einer eigenen Denkschule innerhalb der Psychologie.

Daran, wie viel ich hier über die psychologischen und geschichtlichen Hintergründe schreibe, merkt man vielleicht auch, dass es zu BDSM nicht so wahnsinnig viel zu sagen gibt.

Ja, Spielrein wird von Jung als Masochistin diagnostiziert. Es werden in den Sitzungen Erlebnisse aus ihrer frühen Kindheit erzählt, bei denen sie vom Vater geschlagen wurde und wo sie große Angst hatte. Es wird angedeutet, dass sie womöglich diese Angst in Lust umwandelte, um so besser mit der Situation klarzukommen. Aber das alles bleibt relativ vage, denn es ist schlicht nur ein kleiner Nebenaspekt in der ganzen Thematik des Films.

Die Tatsache, dass eine masochistische Frau in einem Film, in dem es über die Psychoanalyse geht, traumatische Kindheitserlebnisse hatte, nehme ich dem Film nicht übel. Damit sagt er nicht aus, dass alle Menschen traumatische Erlebnisse haben müssen, um so zu werden. Er erzählt eben nur die wahre Geschichte einer einzelnen Frau.

Außerdem wird diese Frau in der Folge des Films absolut positiv dargestellt und das Ausleben ihrer Neigung zu Bestrafung als etwas, dass ihr guttut und hilft. Dieser Aspekt gefiel mir dann doch sehr gut. Sabina ist krank, schreit und leidet. Als sie herausfindet, was mit ihr nicht stimmt und zu ihren Bedürfnissen steht, wird sie gesund und aus ihr wird am Ende eine gesunde und sogar beruflich erfolgreiche Frau.

Viel mehr BDSM findet in dem Film aber auch nicht statt. Wie ich sagte: ein Nebenaspekt. Als solcher für mich aber nicht ärgerlich und klischeehaft dargestellt. Ich konnte damit gut leben und kann mir eine Menge Regisseure vorstellen, die das alles viel platter und dümmer dargestellt hätten.

Insgesamt kann ich den Film empfehlen. Wenn er auch mehr will, als er dann schafft, ist er doch unterhaltsam und vor allem lehrreich.

„How To Build a Sex Room“

Diese neue Netflix-Serie hat in der letzten Zeit einiges Aufsehen erregt. Sogar die große „New York Times“ hat über die Sendung geschrieben. Ich habe sie fast in einem Rutsch durchgesehen und muss sagen, ich hatte meinen Spaß. Aber erst einmal: worum geht es eigentlich?

Es handelt sich bei „How To Build a Sex Room“ um eine Reality-TV-Sendung. Melanie Rose, die offenbar früher Schauspielerin war und nun seit vielen Jahren Häuser und Wohnungen einrichtet, kam irgendwann durch einen Kunden auf die Idee, sogenannte Sex-Räume einzurichten. Wie es scheint, tut sie das mit so viel Leidenschaft und Erfolg, dass sie nach eignen Angaben seit 20 Jahren nichts anderes tut.

Rose tut allerdings noch viel mehr. Denn in den einzelnen Folgen gibt sie ihren Kunden Tipps und Anregungen für deren Sexleben. Sie führt sie in Dominastudios und Sexshops, um sie auf neue Ideen zu bringen oder manchmal auch um herauszufinden, was sexuell gesehen gar nicht ihr Fall ist. Denn der Sex-Raum soll ganz individuell auf die Menschen angepasst sein, die ihn später nutzen sollen. Nichts kommt hier von der Stange. Alles ist individuell überlegt und gestaltet.

Was mir zuallererst auffiel, egal wie ich mir eine Frau vorgestellt hatte, die für Leute Sex-Räume einrichtet: so eher nicht. Melanie Rose wirkt eher wie eine freundliche Großmutter und dadurch auch eher, als würde sie eine Backsendung moderieren. Natürlich ist das ein Klischee. Aber wir alle haben ja Klischees im Kopf und gerade, dass sie wirkt, wie sie wirkt, macht meiner Meinung nach einen großen Teil des Charmes der Sendung aus.

Wäre sie eine 1,80 m große und vollbusige Blondine oder ein muskulöser und braungebrannter Mann, dann wäre es eine ganz andere und sicher nicht so herzerwärmende Sendung. Denn Melanie Rose ist ohne Zweifel das Herz und die Seele der ganzen Show.

Das hier ist aber immer noch ein Blog über BDSM. Was hat die Sendung also mit BDSM zu tun, fragt ihr?

Natürlich geht es nicht vorrangig um BDSM. Aber und das ist ein großes Aber: hier werden sämtliche Sexpraktiken, an denen erwachsene Menschen freiwillig teilnehmen, positiv und vorurteilsfrei dargestellt bzw. beschrieben.

Er lässt sich gerne von ihr anal penetrieren? Melanie ist absolut fein damit.

Sie mag „Watersport„, womit Spiele mit Urin gemeint sind? Melanie hat kein Problem damit.

Hier ist eine Poly-Familie mit sieben Erwachsenen, die wechselweise Sex haben? Melanie freut sich und macht auch diese Gruppe glücklich.

Er schaut gerne zu? Kein Problem.

Ein schwules Paar, ein lesbisches Paar, non-binär, verschiedene Ethnien und Hautfarben? Alles cool. Es sind alles Menschen und Melanie findet deren Kinks und erschafft für sie die perfekten Sexräume.

Ich kann gar nicht genug betonen, wie gut es mir gefällt, dass hier sämtliche Bedürfnisse, Kinks, Wünsche und Neigungen als gerechtfertigt und als nichts, wofür man sich schämen muss, dargestellt werden. Ich habe die ganze Zeit selig gelächelt und gedacht „Es könnte so einfach sein“.

Verstärkt wird diese Wirkung noch dadurch, dass die Paare völlig unterschiedlich sind. Hier leben auch Menschen Kinks aus, die nach außen eben NICHT danach aussehen. Die Kinder haben und deren Schmutzwäsche überall herumliegt. Hier haben Menschen kinky Neigungen, die auf einer Farm leben oder aussehen wie Buchhalterinnen oder Banker. Leute, die eben nicht wie Fetisch-Liebhaber aussehen, haben kinky Sex. Aber auch die, die eben doch so aussehen. Das fand ich alles ganz wunderbar.

Wollt ihr mit einem Partner ins Gespräch über kinky Sex kommen? Schaut euch ein paar Folgen von „How To Build a Sex Room“ an. Sucht ihr Anregungen für eure eigenen „Spielzimmer“? Schaut euch „How To Build a Sex Room“ an. Seid ihr wie ich und es verschafft euch ein gutes Gefühl, wenn Menschen offen, mit Freude und ohne Vorurteile über Sex reden: schaut euch unbedingt „How To Build a Sex Room“ an.

Ja, natürlich gibt es auch etwas zu kritisieren. Bei aller Offenheit und Diversität scheint es in dieser Welt keine Menschen zu geben, die sich keinen eigenen Raum nur für ihren Sex leisten können. Armut oder zumindest Geldknappheit scheint nicht zu existieren. Aber hey, niemand hat gesagt, dass es sich hier um eine Sozialstudie handelt und am Ende können wir alle etwas Positives aus dieser Sendung ziehen.

„Belle de Jour – Schöne des Tages“

In dieser kleinen Rubrik geht es mir ja um Spielfilme in denen BDSM eine Rolle spielt. Dabei ist es egal wie eindeutig diese Rolle ist oder wie deutlich BDSM gezeigt wird. Es geht mir darum, Filme vorzustellen und den Umgang mit BDSM darin zu erklären und zu sagen, wie ich ihn empfinde.

Auf einen Filmklassiker aus dem Jahr 1967 zu stoßen hatte ich dabei nicht erwartet und war dementsprechend überrascht. Aber eines nach dem anderen. Erst einmal eine kleine Zusammenfassung.

Der Film beginnt mit einer Szene in der wir Séverine und Pierre in einer Kutsche durch einen Park fahren sehen. Plötzlich lässt Pierre die Kutsche anhalten, befiehlt den beiden Kutschern erst Séverine zu packen, dann sie auszupeitschen. Unmittelbar bevor die Szene abbricht sagt er zu den beiden „Nun könnt ihr euch bedienen…“. Denn alles war offenbar nur ein Tagtraum der offenbar gelangweilten Ehefrau.

Immer wieder hat Séverine diese Träume. Sex mit ihrem Mann scheint sie jedoch keinen zu haben. Immer wieder weist sie ihn ab, wenn er einen Annäherungsversuch unternimmt. Entschuldigend vertröstet sie ihn und er hat viel Verständnis für sie. Der fehlende Sex scheint die Gefühle zwischen den beiden nicht zu belasten

Irgendwann erfährt Séverine über eine Freundin, dass eine gemeinsame Bekannte angeblich in einem privaten Wohnungsbordell arbeitet. Über einen anderen Freund erfährt sie auch die Adresse und stellt sich dort tatsächlich vor. So beginnt sie ihre Fantasien auszuleben und wird zur „Belle de Jour„, zur „Schönen des Tages“ (so nennt man in Frankreich übrigens auch heute offenbar noch Sexarbeiterinnen, die nur tagsüber arbeiten). Jour, also Tag deswegen, weil sie Abends immer wieder rechtzeitig zuhause ist und ihr Mann somit nichts von ihrem Doppelleben erfährt.

Auf einigen Ebenen brachte mich der Film zum nachdenken und auf einigen Ebenen fand ich ihn frustrierend. Das macht mir die Bewertung sehr schwer.

Trotz der sehr sexuellen Thematik des Films zeigt der Regisseur dennoch nur in einer Szene einen nackten Arsch. Den Rest überlässt er der Fantasie. Dennoch wurde er ursprünglich in Deutschland erst ab 18 freigegeben. Das finde ich schon spannend wenn man bedenkt, wie heute schon tagsüber Werbung für Sexspielzeug im Fernsehen läuft und jeder im Internet Hardcore Pornos finden kann. Das zeigt wie die Zeiten sich geändert haben. Heute wird der Film nur noch mit FSK 16 eingestuft. Immerhin.

Interessant ist auch der Fakt, dass ein Film mit dieser Thematik damals offenbar kein Skandal war. Der Film hat bei den Filmfestspielen von Venedig den Preis als Bester Film gewonnen. Aufrufe zu Boykotten oder Verboten konnte ich ebenfalls nichts finden.

Aufregender wird es und damit kommen wir zum Thema BDSM, wie hier diverse Fantasien angedeutet werden, von denen wir ja gerne denken, es gäbe sie erst seit unseren Lebzeiten oder sie wurden gar von uns erfunden. Nein. Fantasien um Erniedrigung, Benutzung, Schläge und abgefahrene Rollenspiele mit Särgen (ja, tatsächlich) gibt es schon viel viel länger. Damals war das alles nur noch nicht so offen für jedermann sichtbar wie heute.

Für mich persönlich war der Film dennoch sehr schwierig. Die Erzählweise ist sehr langsam und der Film verzichtet auf so gut wie jeden Konflikt zwischen den Figuren. Vor allem aber stellt er einfach nicht die Fragen, die ich spannend gefunden hätte. Da bin ich aber wohl auch einfach nicht die passende Zielgruppe oder es sind schlicht Themen oder Fragen, die man damals nicht offen behandelte.

Aus meiner modernen Sicht und durch meine BDSM-Blogger-Brille gesehen zeigen sich hier einige eindeutige Muster. Séverine hat ein paar sehr spannende Kinks. Sie Pierre gegenüber anzusprechen oder gar mit ihm auszuleben scheint ihr aber nicht möglich. Mit ihm hat sie einfach gar keinen Sex, denn der befriedigt sie offenbar gar nicht. Oder sie hatte mit ihm noch nie welchen. So genau wird das nicht gezeigt.

Was BDSM ist scheint Séverine aber auch nicht zu wissen oder sie hat nicht die Möglichkeit sich genau das zu holen. Denn ihre Tätigkeit als Gelegenheitsprostituierte scheint recht eindeutig nur ein Hilfsmittel zu sein. Ihre Fantasien sind da wesentlich eindeutiger und diese werden ihr in ihrem Job nur in Ansätzen erfüllt.

Auf all das geht der Film aber nicht ein und das hat mich wie gesagt frustriert. Da bekomme ich Lust mit Séverine das eine oder andere Gespräch zu führen.

Auch die Auflösung fand ich wiederum frustrierend. Aber das hängt dann eben auch mit dem oben erwähnten Frust zusammen, dass hier für meinen ganz persönlichen Geschmack die falschen Fragen gestellt oder die richtigen nicht gestellt werden. Übrigens habe ich in einer Artikel zum Film gelesen, dass auch der Regisseur nicht wusste, was das mysteriöse Ende zu bedeuten hat.

Dennoch kann ich den Film durchaus empfehlen. Wer dafür eine Ader hat, der kann sich sein Kopfkino hier anregen lassen und wie gesagt, was es auch Ende der 60er-Jahre schon an Kinks gab, ist auch ganz spannend zu sehen.

„The Duke of Burgundy“

„The Duke of Burgundy“ ist ein schwieriger Film. Ich kann nicht behaupten, dass er mir besonders gefallen hätte. Aber er enthält einige interessante Aspekte zum Thema BDSM und daher bespreche ich hier dennoch.

Wie immer warne ich vor, dass es ab hier massive SPOILER geben wird.

Cynthia und Evelyn sind ein Paar. Sie leben eine Form von BDSM miteinander aus, die sehr stark auf D/s, also Dominanz und Unterwerfung basiert. Cynthia gibt dabei die Befehle und Evelyn befolgt sie brav. Ist etwas nicht zu Zufriedenheit von Cynthia, dann bestraft sie Evelyn. Nicht selten, in dem Sie sie als Toilette benutzt.

In den ersten Minuten des Films scheint es also, als würde Cynthia hier alles bestimmen. Aber sehr schnell erfahren wir, dass es eigentlich Evelyn ist, die vorgibt was passiert. Sie gibt ihrer Partnerin auf kleinen Kärtchen Wort für Wort vor, was diese tun und was sie dabei sagen soll. Und sie reagiert sehr enttäuscht bis wütend, wenn Cynthia davon abweicht. Außerdem fordert sie immer weiter führende Praktiken von ihrer „Herrin“.

Besonders absurde Formen nimmt das an, wenn sie verlangt, dass Cynthia sie mit einer Handlung in den nächsten 24 Stunden „überraschen“ solle: „Aber nicht in der ersten Stunde, das wäre zu offensichtlich. Und nicht in der letzten Stunden. Bis dahin bin ich zu frustriert.“ sagt sie. „Also in den nächsten 22 Stunden?“ fragt darauf hin die befehlsempfangende Domina.

Das ganze Problem der Beziehung wird hier deutlich. Denn Cynthia macht das alles nur aus Liebe zu Evelyn. Sie selber hat daran so gut wie keinen Spaß. Sie genießt den Sex den sie danach haben sehr. Aber die aufwändigen Inszenierungen, die sich auch noch ständig wiederholen, sind ihr nur Last und keine Lust.

Das war es eigentlich auch schon. Mehr Handlung hat der Film nicht. Der Konflikt zwischen den Bedürfnissen der beiden Frauen und wie ihre Beziehung darunter leidet. Angereichert durch eine Symbolik die gänzlich an mir vorbei gegangen ist.

Um zuerst das Positive zu sagen. Ich fand Sidse Babett Knudsen, die die Cynthia spielt großartig. Ich mag sie schon seit der Serie „Borgen“ sehr und hier brilliert sie erneut. Desweiteren spielt alles in einer offenbar sehr spannenden Welt, in der Fetische und BDSM völlig normal und keinerlei Grund für Scham sind. Scheinbar lebt hier jeder offen seine Neigungen. Über diese Welt hätte ich gern mehr erfahren.

Außerdem ist es sehr wohltuend, dass die BDSM-Neigung hier zu keiner Zeit problematisiert wird. Kein „Was stimmt mit dir nicht?“, kein Leidensdruck seitens Evelyn, warum sie ist wie sie ist und keine Opfergeschichte. Sie steht einfach darauf und gut. Das hat mir gut gefallen. Ihr Neigung ist nicht das Problem. Nur, dass ihr Gegenüber sie eben nicht teilt.

Und da kommen wir zur Lehre des Films. Zumindest zu der, die ich daraus (erneut) ziehe. BDSM kann eben nicht funktionieren, wenn nur ein Part daran Spaß hat. Wie Evelyn in dieser Konstellation überhaupt Lust haben kann ist mir sowieso schleierhaft. Sie gibt haarklein vor was ihre „Herrin“ tun soll. Dass ihr das dennoch solche Lust bereitet, halte ich für unrealistisch. Vor allem aber leidet Cynthia extrem unter der ihr fremden Sexualität. Sie kann ihr nichts abgewinnen und so funktioniert es auch alles eher schlecht als recht.

Ständig bekommt sie Kritik wie „kannst du das nicht nicht etwas bestimmter sagen“ oder „nächstes Mal improvisiere ein bisschen besser“. Es ist ein Graus und ein Paradebeispiel dafür, wie BDSM nicht sein sollte. Cynthia hat keinen Spaß und warum Evelyn Spaß hat erschließt sich zumindest mir nicht. 90% aller devoten Frauen hätten an dieser Art „Dominanz“ mit Sicherheit keinen Spaß.

Aber selbst wenn sie Spaß hat: BDSM soll beiden ein Bedürfnis sein und Freude machen. Wenn einer es ausschließlich nur macht um dem anderen eine Freude zu machen, dann mag das bei Fußmassagen oder einigen Sexpraktiken noch ok sein. Seinen gesamten Lebensstil und seine Beziehungsform aber auf etwas aufzubauen, dass einer eigentlich gar nicht mag und empfindet? Bitte nicht. Wirklich: BITTE NICHT.

Wer sich also einen Kunstfilm anschauen mag, in dem man sieht, wie man BDSM möglichst NICHT ausleben sollte, der ist hier gut beraten. Ansonsten würde ich lieber noch einmal „Secretary“ empfehlen. Da haben wenigstens beide ihre Freude daran.

„Bonding“

„Bonding“ ist eine Serie die man aktuell über Netflix schauen kann und noch diesen Monat soll die zweite Staffel erscheinen. Die einzelnen Folgen sind nur zwischen 13 und 17 Minuten lang und die erste Staffel hat sieben Folgen. Es ist also ein relativ kurzes Vergnügen und ich habe die erste Staffel direkt am Stück weg geschaut. Um es vorweg zu nehmen, am Ende wünscht man sich, dass die Folgen doch ein wenig länger wären.

Tiff (Zoe Levin) und Pete (Brendan Scannell) sind Highschool-Freunde in ihren Zwanzigern, die mittlerweile in New York leben. Pete versucht sich als Stand-Up-Comedian und ist dabei spektakulär erfolglos. Da bekommt er von Tiff das Angebot für sie als ihr Assistent zu arbeiten. Tiff arbeitet unter dem Namen „Mistress May“ als Domina. Achja, und Pete ist homosexuell. Obwohl er kaum eine Ahnung hat worauf er sich einlässt, ist das Angebot so verlockend, dass er es annimmt. Damit beginnt eine irre Reise durch die Abgründe oder für manche durch die Highlights der menschlichen Sexualität, die Pinguin-Kostüme, Kitzel-Attacken, Veilchen und einiges mehr mit sich bringt.

„Bonding“ ist eine Comedy-Serie. Das müssen wir immer im Kopf behalten. Aber die Serie macht sich nie über die Protagonisten lustig. Egal welchen Wunsch die Kunden von Mistress May haben, alles wird ernst genommen. Wenn auch manchmal mit einem Augenzwinkern.

Am Ende erzählt die Serie konventionelle Geschichten. Wird Pete sein Lampenfieber überwinden und die Liebe finden? Wird Tiff ihren Weg gehen und mit sich ins Reine kommen? Und ja, Tiff hat eine Vergangenheit, die dazu führt, dass sie ist wie sie ist. Aber das ist am Ende nicht wichtig. Tiff ist ok wie sie ist. Pete ist ok wie er ist. Auch die Kunden sind keine leidenden Figuren. Irgendwie sind wir alle etwas verkorkst. Jeder auf seine Weise und das ist ok.

„Bonding“ macht an so vielen stellen so viel richtig, nimmt seine Figuren ernst und nähert sich dem Thema BDSM auf eine Weise wie ich es in einer Produktion mit dieser Reichweite selten gesehen habe.

Ja, es gibt Gags. Aber nicht auf Kosten der Akteure und nicht nach dem Motto „schaut euch die Perversen an“. Vielleicht sollte das kein Pluspunkt sein in Anbetracht der Tatsache, dass wir das Jahr 2021 schreiben. Leider ist es aber etwas Besonderes. Hier haben Leute Spaß an ihrer Neigung und genießen sie. Schaut euch einfach die Figur der Daphne (D’Arcy Carden) an. Ich finde es einfach großartig.

Überhaupt strahlt die Serie im Bezug auf BDSM für mich viel Lebensfreude aus. Der Umgang mit dem Thema ist unbefangen. Es wird nichts über dramatisiert. Vor allem aber scheut man sich auch nicht davor ins Detail zu gehen und die Grenze von simplen Fesselspielen weit hinter sich zu lassen. Sehr weit.

Der Macher der Serie ist Rightor Doyle und wenn er keinen BDSM-Hintergrund hat, dann fresse ich einen Besen. Ganz offensichtlich weiß er, wovon er hier redet.

Um es noch einmal zu sagen. Es ist eine Comedy-Serie. Nicht alle Gags sind gelungen. Aber die Gags machen sich eben nicht über die Wünsche und Bedürfnisse der Figuren lustig. Und ohne zu viel zu verraten, an mancher Stelle wäre es ein Leichtes sich lustig zu machen. Aber ganz im Gegenteil werde alle Figuren mit viel Würde und Achtung behandelt. Das habe ich an dieser Serie geliebt und das macht mich neugierig auf die zweite Staffel.

Habt ihr Freunde denen ihr BDSM irgendwie näher bringen wollt? Vielleicht versucht ihr es mal indem ihr ihnen „Bonding“ empfehlt. Aber schaut euch die Serie vorher unbedingt selber an. Nicht dass ihr eure Freunde schockiert. Aber für euch da draußen die diese Rezension lest und daher BDSM vermutlich sowieso irgendwie zugetan seid, ist diese kleine Serie eine klar Empfehlung. Viel Spaß dabei und hoffen wir, dass Staffel zwei ähnlich gut wird.

Nachtrag: Ich wurde von einer aufmerksamen Leserin darauf hingewiesen, die Serie mache noch mehr Spaß, wenn man sie im Original schaut. Also viel Spaß.

„SM Richter“

sm-richter-coverAuch wenn der Titel ein wenig danach klingt, es handelt sich hier nicht um einen Porno. Wer harte BDSM-Action in Großaufnahmen erwartet, der ist hier falsch.

Das heißt aber nicht, dass es in diesem Film soft zugeht. Im Gegenteil geht es sogar um sehr heftige Praktiken, die aber eben trotz der „ab 18„-Kennzeichnung nicht im Detail gezeigt werden.

Koen Allegaerdts (Gene Bervoets) und Magda De Herdt (Veerle Dobbelaere) sind seit 15 Jahren verheiratet. Er ist Richter, sie ist seit kurzem arbeitslos. Die Ehe steckt in einer Krise. Sexuell scheint Magda das Interesse verloren zu haben, außerdem ist sie in eine schwere Depression verfallen. Als sie Koen sagt, sie sollten sich besser scheiden lassen antwortet Koen, dass er sie nicht verlieren und alles tun will um die Ehe zu retten. Da traut sie sich endlich, sich zu offenbaren und gesteht ihm, dass sie seit Jahrzehnten SM-Fantasien von Schmerz und ausgeliefert sein hat.

Zögernd, da es nicht seiner Neigung entspricht, aber seiner Frau zuliebe, begeben beide sich in die Welt von BDSM. Über mehrere Jahre leben sie BDSM aus, entwickeln sich von Anfängern zu Experten und ihre Ehe blüht dadurch wieder auf. Irgendwann aber, wird es in Justizkreisen bekannt, was der Richter in seinem Privatleben tut. Der Justiz fallen privat gedrehte Videos in die Hände und Koen Allegaerdts wird wegen Zuhälterei und tätlichen Angriffs angeklagt. Denn dass eine Frau so etwas wollen könnte, können sich die Ermittler nicht vorstellen. Sie glauben es ihr selbst dann nicht, als sie es ihnen persönlich bestätigt.

Der Film hat mich gepackt und begeistert. Das kann ich wirklich sagen. Noch in keinem Film der BDSM thematisiert, habe ich eine so realistische Darstellung des Einstiegs in BDSM gesehen. Sie will unbedingt, er tut es ihr zuliebe. Anfangs geht einiges schief und sie gehen gemeinsam in einen Club um von erfahreneren BDSMern zu lernen. Das alles ist im besten Sinn unspektakulär und ohne falsche Scham oder Moral dargestellt, dass ich nur Beifall klatschen kann.

Da ihre Vorliebe eindeutig auf der masochistischen Seite liegt und er die Techniken lernt, die sie will und braucht, funktioniert es zwischen den beiden wieder wunderbar und sie haben in der Folge auch wieder Sex. So werden auch seine Bedürfnisse gestillt.

Wie weit ihr Bedürfnis nach Schmerz geht, erfahren wir Zuschauer erst im Laufe der Gerichtsverhandlung, als Themen wie Nadelspiele, Branding und vernähen der Schamlippen zur Sprache kommen.

Einmal musste ich sogar lachen, als ein überforderter Koen zu Beginn seinen Freund fragt „Was ist das extremste was deine Frau je von dir wollte?“ und der antwortet: „Einen neuen BMW.“.

Aber abgesehen davon erzählt der Film eine tolle Geschichte eines Mannes, der für seine Frau eine Sexpraktik erlernt, die nicht seiner Neigung entspricht. Wie mehrfach geschrieben bin ich überzeigt, dass das im D/s-Bereich nicht wirklich möglich ist. Hier geht es aber tatsächlich um den SM-Bereich und diese Techniken eignet er sich offenbar sehr gut an.

Vor allem geht es aber in diesem Film natürlich darum, dass ein Mann angeklagt und verurteilt wird, weil er privat BDSM praktiziert. Erschreckenderweise basiert der Film dabei auch noch auf einer wahren Begebenheit. 1997 musste sich der Richter Koen Aurosseau vor Gericht verantworten und wurde schuldig gesprochen. Wie auch im Film wurde seine Frau nicht angeklagt. Sie wurde als Opfer gesehen. Der Schuldspruch erfolgte, obwohl seine Frau aussagte, dass alles auf ihr Verlangen hin geschehen war.

Ergänzend muss man erklären, dass der Fall genau in die Zeit fällt, in der in Belgien geradezu eine Hysterie wegen des Falles Marc Dutroux herrschte. Dutroux hatte mehrere Kinder gefangen gehalten, missbraucht und ermordet. Es gab Gerüchte über Verbindungen bis in Justiz und Politik. Bewiesen wurde dass nie. Diese Stimmung damals hatte sicher Einfluss darauf, wie ein Ehepaar gesehen wurde, dass extremere SM-Praktiken ausgeübt hat.

Es bleibt zu hoffen, dass wir heute weiter sind. Im Film wird an einer Stelle die Frage gestellt wieso wir Homosexualität heute als Neigung akzeptieren, BDSM als Neigung aber nicht im selben Maße öffentlich akzeptiert ist. Eine Frage, die es zu beantworten gilt.

Ich kann den Film nur absolut empfehlen. Er ist bei verschiedenen Diensten als Stream verfügbar und kann als DVD gekauft werden.

Er lohnt sich sowohl als Blick in eine BDSM-Beziehung als auch als Drama um eine Familie und eine fehlgeleitete Justiz. Der Film zeigt Haltung und ist nie voyeuristisch. Dennoch regt er die Fantasie an und zeigt trotz der extremen Praktiken eine gesunde BDSM-Beziehung die beide glücklich macht. Dass alleine wird ja schon viel zu selten gezeigt.

„Fifty Shades of Grey“

fiftySeit kurzem befasse ich mich hier in meinem Blog auch mit Filmen die BDSM behandeln. Den Anfang bildete da vor einiger Zeit „Secretary“, der  quasi schon ein Klassiker im BDSM-Bereich ist.

Wenn es aber um BDSM-Filme geht, dann kommt man natürlich an einem Thema nicht vorbei: „Fifty Shades of Grey„. Also habe ich mir die Filme erstmals angeschaut um mir darüber eine Meinung zu bilden.

Und Achtung, ab hier kann es SPOILER geben.

Ich weiß darum, dass diese Filme Menschen viel bedeuten. Sie haben (zusammen mit den zugrunde liegenden Büchern) vielen Menschen den Weg zu BDSM geebnet und das ist mit Sicherheit ein Verdienst. Positiv ist ebenfalls, dass sie das Thema aus der Schmuddelecke geholt haben. Ich bin überzeugt, dass es vielen Leuten heute leichter fällt  sich selber, Freunden oder Familie gegenüber einzugestehen worauf sie stehen. Schließlich kann es ja nicht ganz so „krank“ sein, wenn es darüber Hollywood-Filme gibt, oder?

Diese Verdienste sind unbestritten und ich will sie nicht schmälern. Dennoch habe ich meine Probleme mit den Filmen. Und ich erkläre auch gerne welche.

In Filmen muss es nicht realistisch zugehen. Da sind Mafiabosse die Helden oder Trickbetrüger. Da werden Rachegelüste gelebt und Tiere können sprechen. Warum also darf es kein Erwachsenenmärchen geben, in dem sich ein Milliardär eine Studentin sucht um sie zu seinem Vergnügen „auszubilden“?

Natürlich darf es das geben. Wem es gefällt, der soll es sich anschauen und es genießen. Über Geschmack lässt sich nicht streiten.

Meine Kritik richtet sich aber gegen die Darstellung von BDSM. Denn wäre „Fifty Shades of Grey“ die kleine Fan-Fiction in der Nische, die es zu Beginn war, dann wären die Maßstäbe andere. So aber öffnet es BDSM einem Millionenpublikum. Einem Publikum, dass sich ein Bild zu diesem Thema macht anhand der Filme.

Schließlich ist BDSM völlig in Ordnung und etwas, dass viele Menschen mit viel Freude und Genuss betreiben, ohne dabei einem einzelnen Individuum zu schaden.

Und von diesem Genuss und diesem Vergnügen sehe ich in diesem Film leider so gut wie nichts. Es gibt ein paar wenige Szenen der Ekstase. Aber das sind größtenteils die Sexszenen. Und in denen geht es in vielen Filmen leidenschaftlich zu.

Stattdessen sehen wir, wie Christian Grey zu Beginn ständig versucht Anastasia Steele dazu zu bringen einen dubiosen Vertrag zu unterzeichnen. Nicht, weil sie das will. Nicht, weil es ihr einen Kick gibt, sich irgendwie vertraglich an ihn zu binden um ihre Lust zu steigern. Sie selber hat darauf zu Beginn überhaupt keine Lust. Aber er drängt ihr unverlangt seine Neigung auf. Das fand ich persönlich zumindest etwas unangenehm.

Natürlich darf auch das Klischee der verrückten Ex-Sub nicht fehlen, die aber auch Monate nach der Trennung sofort gehorsam auf die Knie geht und die Waffe fallen lässt, als Grey es ihr befiehlt.

Dass Grey zeitweilig versucht Anastasia von Freunden und Familie zu isolieren und wirklich ständig versucht sie von sich finanziell abhängig zu machen ist ein weiterer Kritikpunkt in dem BDSM in den Filmen einfach sehr ungesund dargestellt wird.

Der Punkt, der mich aber wirklich wütend gemacht hat ist die Figur des Christian Grey und seine Geschichte, die seine Neigung erklären soll.

Denn natürlich hat er nicht einfach Spaß an BDSM. Natürlich genießt er nicht einfach eine sexuelle Neigung die er Anastasia gegenüber etwas unbeholfen und mindestens auch etwas fragwürdig rüber bringt.

Nein. Christian Grey wurde als Kind von seiner Mutter verlassen und sucht nun Frauen, die äußerlich seiner Mutter ähneln, um diese zu bestrafen. Über die Psychologie dahinter will ich jetzt gar nicht reden. Aber das ist eben die Moral der 50er Jahre. Wer eine abweichende Sexualität hat, der muss krank sein oder hatte eine schwere Kindheit. Vor allem aber muss er davon geheilt werden. Und so wirken die Reaktionen von Anastasia im Laufe der Filme auch immer mehr wie der Versuch einer Therapie.

Dass er als Teenager auch noch von einer älteren Frau verführt wurde die ihn in BDSM einweihte und ihn zu ihrem Sklaven machte ist dann nur noch das I-Tüpfelchen. Denn dadurch wird BDSM nur noch weiter als eigentlich ablehnenswert gebrandmarkt.

In einer Szene fragt Anastasia Grey unter Tränen „Why do you want to punish me? Why do you want to hurt me?“. Also „Warum willst Du mich bestrafen? Warum willst Du mir weh tun?“.

Worauf Grey kurze Zeit später sagt „Because I’m fifty shades of fucked up, Anastasia.“. Also sehr frei „Weil ich total verkorkst bin“.

Mir sagt dieser Dialog, dass weder sie noch er BDSM genießen. Das mag an anderen Stellen der Handlung anders sein. Aber am Ende empfinden es beide nicht als Lust und Freude. Das wird die ganze Zeit mindestens als Subtext transportiert.

Der Protagonist der Bücher und Filme ist ein Opfer von Misshandlung und Vernachlässigung, dass Probleme mit emotionaler und körperlicher Nähe hat und für den BDSM ein Ventil ist, sich an seinen früheren Peinigern zu rächen. Und nun kommt Anastasia und wir können Hoffnung haben, dass sie ihn von seinen Dämonen und BDSM befreit.

Mit lustvollem BDSM hat das leider kaum etwas zu tun. Es ist Therapie. Es ist in Teilen sogar Gewalt. Nämlich in den Szenen, in denen er sie aus Rache schlägt und bewusst dazu bringt, dass sie das Spiel abbricht. Das hat dann aus meiner Sicht gar nichts mehr mit BDSM zu tun.

Wie gesagt darf man solche Geschichten erzählen. Niemand ist gezwungen in seinen erfundenen Geschichten Beziehungsformen so darzustellen, dass sie realistisch sind. Aber wenn man eine Subkultur mit einem Werk ins Licht der Öffentlichkeit bringt, dann sind solche üblen Verzerrungen schlicht schade und enttäuschend.

Natürlich gibt es auch in den drei Filmen ein paar schöne Darstellungen von BDSM. Die Innigkeit von Anastasia und Grey, nachdem er sie aufgefangen hat ist schön dargestellt. Auch ein paar wenige Anklänge an  D/s sind enthalten, die mir gut gefallen haben. Aber im Großen und Ganzen leisten die Filme denen einen Bärendienst, die BDSM als eine Neigung unter anderen dargestellt sehen möchten.

In diesem Sinn: danke für gar nichts liebe E.L. James.

„Secretary – Womit kann ich dienen?“

41R85rZdEyLIst „Secretary“ ein Meisterwerk? Eher nein. Aber man kann ihn gut schauen und für jeden, der BDSM zugeneigt ist und sich nicht leicht erschrecken lässt, ist er absolut empfehlenswert. Denn er gibt sehr viele Einblicke in Dinge und Verhalten, die ich aus meinen Jahren in dem Bereich gut kenne.

Und Achtung, ab hier kann es SPOILER geben.

Die Geschichte ist schnell erzählt. Die junge Lee Holloway (Maggie Gyllenhaal) nimmt einen neuen Job bei einem Anwalt (James Spader) an und durch die Anleitung ihres neuen und strengen Chefs entdeckt sie das, was ihr schon immer gefehlt zu haben scheint: Erniedrigung, Dominanz und Schmerz.

Wie und auf welche Weise diese Entwicklung verläuft ist dabei das eigentlich spannende. Und da zeigt der Film eine große Bandbreite an hoch interessanten Themen.

Am wichtigsten vielleicht, wie Lee durch die Entdeckung ihrer wahren Neigung zu sich findet. Sie entdeckt das, was sie erfüllt und erregt. Und damit etwas, dass ihr immer gefehlt hat. Ihr anfängliches selbstverletzendes Verhalten kann man sowohl als eine Form von Lust auf Schmerz, als auch den Versuch sich selber zu spüren verstehen. Sicher ist es eine vereinfachte Darstellung, dass BDSM all ihre Probleme löst. Aber hey, es ist ja auch nur ein Film.

Wenn man den Film anschaut, dann entdeckt man wahnsinnig viele Elemente die typisch für BDSM sind. Mary Gaitskill, die Autorin weiß offenbar sehr genau, worüber die da schreibt. Sie hat übrigens den Film auch als „Pretty Woman-Version ihrer Geschichte“ bezeichnet. Und der Bezug zu „Pretty Woman“ ist gar nicht so weit hergeholt. Außerdem deutet es darauf hin, dass die Geschichte wohl etwas härter ist, leider kenne ich die aber nicht.

Wie erwähnt reißt der Film sehr viele Themen an, die man als BDSM-erfahrener Mensch kennen kann. Angefangen mit der Lust an Erniedrigung mit der Lee schon früh im Film in einen Müllcontainer steigt, gibt es viel zu entdecken, dass dem BDSMer bekannt vorkommt.

Die Art, wie Lee versucht Strafen zu provozieren kommt sicher vielen bekannt vor. Die Anweisungen, was sie essen darf und auf welche Weise geben Einblicke in D/s, die ich so noch nicht oft in Filmen gesehen habe. Besonders spannend und berührend für mich dabei die Szene, als sie heimlich telefonisch den Speiseplan an ihn durch gibt.

Auch die Rituale die beide etablieren sind schön dargestellt. Aber auch seine Zweifel und Distanz dürften bei vielen Erinnerungen an sich selber oder Partner wecken.

Die Art wie sie die blauen Flecken auf ihrem Arsch bewundert und wie sie versucht, sich selber zu schlagen und daran natürlich scheitert sind ebenfalls toll beobachtet und realistisch.

Die nicht zuletzt die Szene in der sie ihren Freund versucht dazu zu animieren sie zu schlagen und wie er rein gar nichts versteht. Auch der folgende frustrierende und unbefriedigende Sex mit dem Freund. Alles Versatzstücke in denen sich viele wieder erkennen, die BDSM leben.

Ich habe den Film vor Jahren schon einmal gesehen und mochte ihn. Offenbar sogar sehr, denn ich habe mir damals die DVD gekauft. Über die Jahre habe ich aber viel vergessen und ich glaube auch, ich verstehe ihn heute besser als damals. Auch das was mich damals störte, fand ich heute schlüssig.

Denn damals hatte ich mich daran gestört, dass Lee anfangs aus einer Klinik kommt. Das hatte ich damals interpretiert, als müsse man sich absichern und klären, dass jemand der so etwas mag ja krank sein müsse.

Das verstehe ich heute anders. Ihr Leben hat sie krank gemacht und sie hatte keine Lösungen. Als sie BDSM für sich entdeckt, kann sie ihr selbst verletzendes Verhalten ablegen. Sie hat zu sich gefunden und zu dem, was sie erfüllt. Das DAVOR waren Lösungen, weil ihr genau diese Erfüllung im Leben gefehlt hatte. So interpretiere ich es heute.

Auch war ich überrascht wie explizit der Film doch wird. Man sieht zum Beispiel die auf allen Ebenen wunderbare Maggie Gyllenhaal völlig nackt. Das hat mich für eine Hollywood-Produktion schon gewundert.

Außerdem gibt es die Spuren auf ihrem Arsch zu sehen, Man sieht in einer Szene, wie sie sich einpinkelt, weil sie gehorsam seiner Anweisung folgt sich nicht aus einer bestimmten Position zu bewegen. Auch Szenen in denen sie auf allen Vieren durch das Büro kriecht oder ihm ein Kaugummi in die Hand spuckt sind intimer, als ich sie in so einem Film erwartet habe.

Insgesamt kann ich den Film jedem empfehlen. Hier wird BDSM insgesamt sehr positiv dargestellt, ohne dabei die Handlungen als Missbrauch darzustellen. BDSM ist hier einfach etwas, dass beide wollen und beiden gut tut. Das fand ich sehr wohltuend.

Übrigens, dass der Anwalt und Dom in diesem Film „Grey“ heißt, hat nichts mit „Fifty Shades of Grey“ zu tun. Der Film entstand Jahre vor dem ersten Buch dieser Reihe. Ob der Charakter der Autorin der Bücher als Inspiration diente ist mir nicht bekannt.