Monogamie, Polyamorie, offen oder à la carte?

In früheren Jahrzehnten und Jahrhunderten war der Deal meist klar. Es wird geheiratet, oft aus wenig romantischen Gründen, sondern eher aus Vernunft. Der Bauernhof musste beispielsweise an die nächste Generation übergeben werden. Da wurde irgendeine gebärfreudige junge Frau gesucht, die wiederum auf ihrem Hof als Erbin aufgrund ihres Geschlechts natürlich nicht infrage kam. Sie heiratete den Jungbauern, den sie mit Glück vorher ein oder zweimal gesehen hatte. In den folgenden Jahrzehnten bekam sie ein Kind nach dem anderen, war im Gegenzug versorgt und der Bauer hatte im Erfolgsfall seinen Erben. Und natürlich schützte die demonstrativ gelebte Monogamie auch vor dem Verdacht, dass der Bauer vielleicht nicht alle Nachkommen selber gezeugt hatte. Der ach so schöne Schein wurde bewahrt. Liebe war da bei den Entscheidungen für Beziehungen eine Option, aber keine Bedingung.

Heute gibt es deutlich weniger Höfe zu vererben, Kinderscharen von acht bis zwölf Kindern sind gesellschaftlich deutlich weniger erstrebenswert und vor allem die Frauen brauchen keine Versorger mehr. Frauen kommen in der Regel ganz hervorragend ohne jemanden klar, der das Essen auf den Tisch bringt, während sie die acht bis zwölf Kinder versorgen und mit dem nächsten schwanger sind.

Ja, ich vereinfache sehr stark, aber die Idee wird klar.

  • Nur noch wenige Menschen, zumindest in der wohlhabenden sogenannten westlichen Welt, stehen heute unter gesellschaftlichen und oder wirtschaftlichen Zwängen, Kinder bekommen zu müssen.
  • Durch Verhütung können Menschen heute sehr viel besser als vor hundert oder mehr Jahren bestimmen, ob sie schwanger werden wollen oder nicht.
  • Das wiederum hat den Frauen erlaubt viel einfacher schlicht aus Spaß und Lust Sex zu haben.
  • Frauen können sich wesentlich besser als damals selber versorgen und für ihren Lebensunterhalt sorgen.

Durch diese und andere Faktoren hat sich die Art wie wir Partner wählen verändert. Die Gründe für die Wahl dieser Partner haben sich verändert und damit haben sich in den letzten Jahrzehnten und speziell den letzten Jahren vermehrt auch die Formen der Partnerschaften, die wir eingehen, verändert.

Früher war Monogamie quasi der ungeschlagene Meister aller Klassen unter den Beziehungen. Es gab nichts anderes. Zumindest offiziell. Heiraten, bis zum bitteren Ende zusammen bleiben und fertig. Der Mann vögelte gegebenenfalls seine Sekretärin, die Frau vielleicht den Nachbarn und man tat, als seien alle glücklich. Es wurde ja so erwartet.

Einer meiner Lieblingswitze zu dem Thema ist der, wo ein Ehepaar, er 98 und sie 96 zum Scheidungsanwalt kommen und sich scheiden lassen wollen. Auf seine Frage „Entschuldigen Sie, aber in ihrem Alter? Wieso erst jetzt?“. Worauf sie sagt „Wir wollten warten, bis die Kinder tot sind.“

Ja, sorry, der musste raus.

Heute lesen wir überall Schlagworte wie „offene Beziehung„, „Polyamorie“ oder „Ehe zu dritt„. Wie auch früher, haben Leute heimliche Affären, aber verrückterweise gibt es auch Menschen, die ganz offen und quasi „ungeniert“ Sex mit wechselnden Partnern haben oder parallel mehrere Beziehungen führen.

Wer mit dem Begriff Polyamorie nichts anfangen kann, dem kann ich dieses Zitat als Erklärung anbieten:

„Polyamorie ist ein nicht-monogames Beziehungsmodell, das dadurch charakterisiert ist, dass die beteiligten Personen gleichzeitig Liebesbeziehungen mit mehreren Menschen leben und dass dies bei vollem Wissen und Einverständnis aller beteiligten Partner geschieht. Freiheitsliebe, Toleranz, Flexibilität und Verantwortung ermöglichen das Gelingen von Polyamorie. Die beteiligten Beziehungspersonen benötigen hierfür einen hohen Reifegrad, große Kommunikationsfähigkeit und emotionale Stärke. Gegenspieler der Polyamorie sind die Eifersucht und der meist mit einem monogamen Liebesideal verbundene Treue-, Besitz- und Ausschließlichkeitsanspruch.“

Aus dem Artikel „Polyamorie – ein Weg aus den Zwängen der Monogamie und destruktiver Eifersucht?“ aus „Journal für Psychologie“.

Ich bin ein großer Fan dieser alternativen Modelle. Wie sie auch immer heißen und funktionieren. Versteht mich nicht falsch. Ich habe nichts gegen Monogamie. Ich habe nur einfach auch nichts gegen Polyamorie oder andere Modelle. Ich bin nur dafür, dass sich jeder Mensch die Beziehungsform wählt, die für sie oder ihn richtig ist. Ohne dafür verurteilt oder überhaupt bewertet zu werden.

Weiterhin bin ich dafür, dass das Wissen über und die Akzeptanz dieser Möglichkeiten viel weiter verbreitet wird. Denn wer in jungen Jahren nur ein Modell kennt, dieses eingeht und womöglich Kinder bekommt, hätte sich vielleicht für eine andere Beziehungsform entschieden, wäre diese bekannt und sozial akzeptiert gewesen.

Andererseits können sich Bedürfnisse aber auch ändern. Wo früher der Wunsch nach einem Nest und einer Familie im Vordergrund stand und ausschlaggebend für die Partnerwahl war, kann es Jahre später ganz anders aussehen und die eigene Sexualität oder andere Dinge können ganz oben in der Bedürfnispyramide stehen.

Dann im Erwachsenenalter und womöglich mit bestehender Familie umzusteuern, ist nicht selten schwierig oder schmerzhaft.

Ich schreibe sicher niemandem vor, wie sie oder eher seine Beziehung oder Sexualität auslebt. Allerdings plädiere ich immer für die Beschäftigung mit den eigenen Bedürfnissen, für Offenheit in der Kommunikation miteinander und für Toleranz, den Bedürfnissen anderer gegenüber.

Sind diese Faktoren gegeben und Mensch wüssten besser, was ihnen guttut, würden offen mit aktuellen oder potenziellen Partnern darüber kommunizieren und träfen dabei auf Verständnis und Akzeptanz, statt auf Ablehnung, dann wäre uns insgesamt schon sehr geholfen.

Was ich sagen will: beschäftigt euch damit, was ihr wollt und was euch guttut. Wenn ihr und euer Partner eine Beziehung mit einem Menschen leben wollt, der den Wunsch hat, nur mit euch in einer Beziehung zu sein, dann lebt eben monogam. Wenn ihr gerne eine feste Beziehung wollt, in der einer oder beide sich sexuell auch mit anderen ausleben können, dann macht eben das mit jemandem, der denselben Wunsch hat. Könnt ihr euch vorstellen, mehrere Menschen zu lieben und mit zwei oder drei Menschen parallel verbindliche Liebesbeziehungen zu haben, dann ist vielleicht Polyamorie das Richtige für euch.

Was es auch immer ist: schaut, was euch guttut. Sucht euch die Beziehung, die dazu passt und verurteilt andere nicht, für deren Wahl in derselben Frage.


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Die Dating-Hölle

Dating ist für manche ein großer Spaß, für andere der neunte Kreis der Hölle. Nein, ich habe Dante nicht gelesen, ich tue nur, als sei ich gebildeter, als ich bin.

Aber Spaß beiseite. Ich komme am Ende vielleicht nur auf fünf Kreise, aber die haben es in sich. Ab hier wird es teilweise recht brutal. Überlegt euch also, ob wir weiterlesen mögt.

Nehmen wir einmal Alma, ein als Frau gelesener Mensch und Ansgar, ein als männlich gelesener Mensch. Beide steigen frisch ins Onlinedating ein. Beide sind idealistisch. Sie glauben daran, dass man online nette Menschen trifft, die in einer ähnlichen Situation sind und wahlweise Liebe, Sex, Lust oder alles auf einmal suchen.

Beide legen sich auf einem Portal, nennen wir es „Irgendwas-Club“, ein Profil an. Beide geben sich Mühe und versuchen sich auf eine Weise darzustellen, die realistisch, aber auch fantasieanregend für die ist, die sich ansprechen möchten.

Ab hier fangen die Erfahrungen an, sich sehr zu unterscheiden.

Der erste Kreis der Hölle:
Alma bekommt ab dem Moment, wo sie in ihrem Profil einige Angaben gemacht hat, einen fließenden Strom an Zuschriften.
Ansgar bekommt keine.

Der zweite Kreis der Hölle:
Alma fühlt sich geschmeichelt. So viele Interessenten. Viele Anschreiben sind zwar ansprechend, aber dennoch irgendwie neutral. Aber egal. Bisher hatte sie nicht unbedingt die Erfahrung gemacht, dass man bei ihr in dieser Weise Schlange stand. Nicht, dass sie sich unattraktiv fand oder keine Begegnungen hatte. Aber diese Flut ist ihr dann doch neu und ein wenig unheimlich.
Ansgar hingegen erhält weiter keine Zuschriften und fängt parallel an, sich Profile anzusehen und anzuschreiben. Dabei ist er sorgfältig, liest genau, was dort steht. Er sortiert aus und schreibt nur die an, die ihn wirklich neugierig machen.

Der dritte Kreis der Hölle:
Alma fängt an, die vielen Zuschriften zu sortieren und fühlt sich langsam latent überfordert, denn irgendwie scheint kaum jemand zu lesen, was in ihrem Profil wirklich steht. Zuerst ist sie freundlich, irgendwann fängt sie an sich zu ärgern und antwortet nur noch ausgewählten Zuschriften, die anderen ignoriert sie.
Ansgar bemerkt, dass, egal wie viel Mühe er sich gibt und wie freundlich und individuell er auf die einzelnen Profile eingeht, er kaum einmal eine Antwort bekommt.

Der vierte Kreis der Hölle:
Alma wird zunehmend ungehalten. Lesen diese Menschen denn nicht, was sie schreibt? Ist egal, was in ihrem Profil steht? Vielleicht. Aber dann ist es ihr auch egal. Warum nicht die große Auswahl nutzen und anfangen, sich die spannendsten Bewerber herauszusuchen und auszusieben. Wenn einer nicht zu 100% passt, weg mit ihm, es gibt ja genügend andere.
Ansgar bemerkt hingegen immer mehr, dass seine wohlformulierten und wenigen individuellen Anschreiben zu kaum etwas führen. Er hätte gerne mal eine Unterhaltung oder gar ein Date. Aber wenn er weiter nur die wenigen Profile anschreibt, die ihn wirklich interessieren und direkt berühren und kaum je jemand antwortet, dann kann das noch Jahre dauern. Außerdem hat er das Gefühl, schon bei winzigen Abweichungen ausgesiebt zu werden. Wieso also nicht mit einem Anschreiben, das ansprechend, aber dennoch neutral ist, viele Frauen auf einmal anschreiben? Irgendeine wird schon neugierig werden und antworten.

Der fünfte Kreis der Hölle
Alma hat immer mehr das Gefühl, sie wird einfach nur angeschrieben, weil ihn ihrem Profil der Haken bei „weiblich“ steht und das frustriert sie. Männer sind einfach alle gleich.
Ansgar schreibt mittlerweile quasi jedes Profil in seiner Umgebung an, Hauptsache, es hat einen Haken bei „weiblich“ und bekommt dennoch kaum Antworten oder gar Dates und das frustriert ihn. Frauen sind einfach alle gleich.

Wer wissen will, wie das bei Dante mit den Kreisen der Hölle endet, der wird das Gedicht „Göttliche Komödie“ nachlesen müssen und vielleicht die innere Göttin entdecken. Wie das mit dem Dating ausgeht, das wissen viele von uns. Eben oft mit Frust auf allen Seiten und natürlich ist ausschließlich die andere Seite daran Schuld. Aber wie immer im Leben: ganz so einfach ist es eben nicht.


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Die Vielfalt von BDSM-Beziehungen

Der Einstieg in BDSM und auch die Beschäftigung damit, sind von sehr vielen Fragen gekennzeichnet: „Was heißen all diese Abkürzungen„, „Wie erkläre ich die Fantasie, die ich im Kopf habe„, „Wie finde ich jemanden zum Ausleben„, „Darf ich sowas überhaupt wollen“ oder „Sollte ich nicht doch lieber einfach bei dem bleiben, was ich kenne und mich damit abfinden, dass mir etwas fehlt„, sind nur einig davon.

Mit einigen oder fast allen dieser Fragen habe ich mich gelegentlich schon beschäftigt. Aber heute kommt eine weitere und sehr wichtige Frage hinzu: Wie funktioniert das eigentlich mit diesen BDSM-Beziehungen und welche Arten gibt es überhaupt?

Im BDSM gibt es Beziehungsformen oder Arten von Begegnungen, die es im Vanillabereich nicht gibt. Zuerst fallen mir da die Begriffe „Spielbeziehung“ und „Session“ ein. Es sind Begriffe, die fremd klingen, unter denen sich jemand, der neu im BDSM ist, nichts vorstellen kann und sich daher mangels Erfahrung alles Mögliche darunter vorstellt.

Erst einmal räumen wir ein paar Klischees ab. BDSM-Beziehungen bestehen nicht alle aus kriechen, schlagen und Fetischspielen rund um die Uhr. Manche vielleicht, aber sicher nur sehr wenige. Es geht auch nicht darum, 24/7 über das Gegenüber zu bestimmen und jede Sekunde des Alltags zu kontrollieren. Aber auch nicht alle BDSM-Beziehungen sind Liebesbeziehungen.

Im Grunde sind BDSM-Beziehungen so vielfältig wie alle anderen Arten von Beziehungen auch und es gibt viele Schnittmengen zu ihnen.

Im BDSM gibt es sie alle: die monogamen Liebesbeziehungen, die Poly- oder offenen Beziehungen, die Affären, die reinen Sextreffen, die ONS, die Freundschaft+, alles was ihr wollt. Sie werden eben nur zum Teil anders genannt und etwas anders gestaltet.

Was ist denn nun eine Spielbeziehung? In der Regel versteht man darunter eine Beziehung von Menschen, die sich treffen zum hauptsächlichen Zweck des gemeinsamen Auslebens von Neigungen. Das kann, muss aber nicht mit Gefühlen zueinander einhergehen.

Eine Spielbeziehung ist ganz grob verwandt mit einer Freundschaft+ im Vanilla Bereich. Es werden relativ klar Spielregeln miteinander abgesteckt, was geht und was nicht. Alle Beteiligten bekommen im besten Fall, was sie wollen, ohne sich dafür auf eine feste Beziehung einzulassen.

Aber natürlich gibt es auch hier endlos viele Varianten. Manche Spielbeziehungen sind enger und ähneln fast festen Beziehungen. Man verbringt Zeit miteinander und ist vielleicht in großer Zuneigung verbunden. Andere wiederum sind eher ein wenig zweckmäßig. Wie immer hängt es hier davon ab, was die Beteiligten wollen und miteinander vereinbaren.

Eine Session ist im Normalfall ein eher kürzerer Zeitraum, in dem BDSM miteinander praktiziert wird. Sicher gibt es Beispiele, in denen Sessions über Stunden oder gar Tage gehen. Ich würde aber behaupten, dass das die Ausnahmen sind. Auch leben längst nicht alle BDSMer ihre Neigung in Sessions aus. Viele bevorzugen es, dass der BDSM Anteil mehr in die miteinander verbrachte Zeit integriert und weniger klar abgegrenzt ist. Aber auch das hängt völlig von den gemeinsamen Vorlieben und Absprachen ab.

Zu diesen zwei eher „szenetypischen“ Beziehungsformen kommt noch die Tatsache, dass im BDSM die Offenheit sich auch mit anderen Partnern auszuleben, aus meiner Sicht tendenziell etwas größer ist als im Rest der Gesellschaft. Auch das ist ein Faktor, der für viele Menschen, die sich neu mit BDSM beschäftigen, oft befremdlich ist.

Vermutlich gibt es die Menschen, die zuerst nach den großen Gefühlen oder gar der Liebe suchen und dann gemeinsam ihre BDSM-Neigungen ausleben. Aber ich behaupte, dass es unter BDSMern auf Partnersuche viele Menschen gibt, die an erster Stelle nach sexueller Übereinstimmung und erst, wenn die vorhanden sind, nach Gefühlen füreinander suchen. Bei Menschen ohne BDSM-Bezug mag es das auch geben, aber ich denke, der Prozentsatz ist dort niedriger. Sprich, es werden vermutlich weniger Menschen im Rest der Bevölkerung speziell wegen ihrer Neigungen zu einer speziellen Lebensart nach einer Partnerperson suchen, sondern sich vielleicht erst verlieben und dann herausfinden, ob es auch sexuell passt. Womöglich erklärt das auch die Verbreitung von Spielbeziehungen. Es werden Kompromisse gemacht und Menschen sind offen für alternative Konzepte, weil sich zu verlieben UND mit diesem Menschen BDSM ausleben zu können, gleich zwei Gewinnerlose auf einmal sind, die man ziehen muss.

Das ist nur meinen Beobachtungen entnommen und nicht empirisch gestützt. Aber wem es wichtig ist, BDSM auszuleben, wird eben auch sichergehen wollen, dass die neue potentielle Partnerperson dieses Interesse teilt. Oder zumindest offen dafür ist, eine potentielle Beziehung nicht monogam zu führen.

Das ist eine weitere Besonderheit unter Menschen, die BDSM leben. Unter diesen Menschen ist es offenbar weiter verbreitet, alternative Beziehungsformen zu leben. Natürlich gibt es viele Menschen, die offene Beziehungen leben oder polyamor sind und die KEIN BDSM leben und nicht alle BDSMer sind poly oder leben offene Beziehungen. Aber die Offenheit gegenüber einem Modell, in dem sich die Partnerperson auch mit anderen trifft, scheint mir deutlich größer.

Für viele, die anfangen, sich mit BDSM zu beschäftigen, mag das ein weiterer Reiz sein. Anderen macht das aber noch zusätzlich Angst. Denn entweder ist ihnen diese Denkweise, dass Sex nicht immer nur mit einer einzigen Person verknüpft sein muss, fremd oder sie schreckt sie sogar ab.

Wie so oft, gibt es auch hier kein Richtig und Falsch, kein Schwarz oder Weiß. Es kommt darauf an, was die beteiligten Menschen sich wünschen und miteinander besprechen und vereinbaren. Aber genau das solltet ihr eben auch ausführlich tun. Wenn ihr euch Monogamie wünscht, dann kommuniziert das. Wenn ihr für andere Ideen offen seid, euch aber auch Sorgen darüber macht, dann redet auch darüber. Wollt ihr aber einfach alles mitnehmen und dennoch eine feste Bezugsperson haben, dann seid auch da ganz offen und steht zu dem, was ihr wollt. Zwischen all den Modellen gibt es genug Grauzonen für alle.


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Ängste, Mut und Gollum

Habt ihr schon mal gedacht „Wieso sind die alle so selbstsicher“ oder „Wie können die so selbstbewusst auftreten“? Wir sehen, wie jemand sich gibt oder sehen jemanden auf einem Bild. Wir lesen jemandes Nachrichten oder Texte. Wir nehmen jemanden ganz grundsätzlich wahr und denken: „Der Menschen ruht in sich und ist so von sich überzeugt.“. Manchmal denken wir auch „Den Menschen würde ich gerne kennenlernen. Aber oft folgt der Gedanke „Was kann so jemand an mir finden? Was habe ich schon zu bieten?“.

Wisst ihr auch, warum? Weil niemand so kritisch mit uns ist, wie wir selber und das beeinflusst uns im beruflichen Umfeld, aber besonders auch beim Dating.

Denn von allen anderen Menschen nehmen wir nur die Außenansicht wahr. Nur von uns selber kennen wir die Innenansicht. Und niemand ist so kritisch mit uns, wie wir es selber sind.

Dieses eine Fältchen, dass niemand sieht, halten wir selber für einen riesigen Makel. Diese Hautunreinheit, die wir an uns hassen, nimmt niemand so sehr wahr wie wir selber. Diese fehlenden Zentimeter am Penis, die wir so unfassbar wichtig nehmen, interessieren niemanden so sehr wie uns.

Wenn wir also auf jemanden zu gehen, den wir interessant finden, dann ist es nicht sehr unwahrscheinlich, dass wir uns selber als eine Art Gollum sehen und das Gegenüber als ein Abbild von Perfektion, während das Gegenüber sich selber wahrscheinlich auch eher auf der Gollum-Seite des Spektrums, als auf der Perfektionsseite sieht.

Nein, es geht in diesem Text nicht darum, dass euch Kim Kardashian oder Brad Pitt irgendwann doch lieben werden. Es geht darum, Bewusstsein zu schaffen, dafür, dass wir alle unsere Unsicherheiten und Verletzungen mit uns herumtragen.

Jedes Mal, wenn ein Mensch uns sagt „deine Brüste hängen“, „Du bist zu dick“ oder „Wenn du nicht so oder so wirst, dann findest du niemanden, der dich liebt“, dann hinterlässt das bei uns Spuren.

Die einen gehen damit um, in dem sie sich zurückziehen. Die anderen, in dem sie noch offensiver werden.

Oft erfordert es Mut, wieder nach draußen zu gehen, wieder auf jemanden zuzugehen und sich wieder zu öffnen. Manche geben irgendwann auf.

Auch jede Beziehung, in der wir belogen oder betrogen werden, hinterlässt diese Spuren. Jedes Mal, wenn wir geghostet werden, dann nehmen wir das mit. Jedes Mal, wenn wir Versprechungen gemacht bekommen, die dann beim ersten Gegenwind nicht mehr gelten, dann nehmen wir auch das mit in spätere Beziehungen.

So tragen wir alle Ängste, Verletzungen, Spuren und Erfahrungen mit uns herum. Aber nur wir wissen, welches unsere sind. Plötzlich reagieren wir auf einen harmlosen Kommentar oder eine flapsige Bemerkung, weil ein wunder Punkt berührt wurde, den so sonst niemand hat und daher versteht im ersten Moment vielleicht auch niemand, wieso uns das trifft.

Es ist wichtig zu verstehen, dass wir alle diese wunden Punkte, Empfindlichkeiten und Verletzungen haben, um mit uns selber und unseren Gefühlen und Reaktionen besser umgehen zu können.

Es hilft aber auch, sich zu vergegenwärtigen, dass es unserem Gegenüber vielleicht auch so geht. Denn wie gesagt, unsere Verletzungen und Empfindlichkeiten kennen wir im besten Fall. Die unseres Gegenübers kennen und sehen wir nicht.

Lernt ihr jemanden kennen, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass auch euer Gegenüber diese wunden Punkte hat, diese Situationen, die sofort Ängste oder Sorgen auslösen. Niemand kann und sollte um alles herumtanzen und alles vermeiden, was ganz vielleicht sein Gegenüber verletzen könnte. Man kann nicht alles vermeiden. Etwas Anstand und gute Manieren genügen schon mal. Aber es hilft, sich klarzumachen, dass auch unser Gegenüber ein Produkt von Erfahrungen und manchmal Verletzungen ist.

Etwas Verständnis ist da gegenseitig angebracht und hilfreich. Denn am Ende sind die wenigsten von uns Kim Kardashian oder Brad Pitt. Aber eben auch nicht Gollum.

Vielleicht verdiene ich nicht mehr?

Seit ich mich mit BDSM beschäftige, habe ich unzählige Gespräche geführt. Meistens mit Frauen. Viele davon waren entweder früher oder waren noch zum Zeitpunkt des Gesprächs in Beziehungen, in denen sie sexuell unzufrieden und insgesamt unglücklich waren. Naturgemäß, da wir uns über das Thema BDSM gefunden hatten, lag die Unzufriedenheit in diesen speziellen Fällen meist daran, dass sie sich zu BDSM hingezogen fühlten, diesen aber in der Beziehung nicht ausleben konnten oder bekamen.

Die eine Gruppe Frauen hatte sich aus den Beziehungen gelöst, waren in neuen Beziehungen oder Single. Die anderen aber steckten noch in diesen Beziehungen. Sie konnten oder wollten sich nicht lösen. Auch nicht, um eine befriedigende Sexualität zu erleben.

Warum sich Menschen trennen und warum sie zusammenbleiben, hat oft sehr vielfältige Gründe. Manchmal ist es eine wirtschaftliche Abhängigkeit, das Gefühl den Kindern ein „heiles Zuhause“ bieten zu wollen, die Hoffnung, es würde sich alles noch zum Besseren wenden etc.

Vermutlich hat jede Beziehung ihre ganz eigene Geschichte, warum sie so und so lange hält und woran sie dann zerbricht oder eben auch nicht.

Einige Argumente habe ich aber doch über die Jahre immer wieder gehört. Natürlich bin ich kein Wissenschaftler und diese Einsichten basieren nicht auf einer wissenschaftlichen Studie. Aber da sie sich öfter wiederholt haben, finde ich sie schon auffällig.

Ein durchgängiges Muster ist beispielsweise, dass die Person, der BDSM oder erfüllender Sex fehlt, diesen einfordert oder eine Trennung ankündigt. Die Reaktion darauf ist nicht selten „Wegen dem bisschen Sex willst Du unsere Beziehung kaputt machen?„.

Das ist gleich auf mehrere Weisen perfide. Denn erstens ist es für den Part, der den Sex als erfüllend empfindet, sehr billig und leicht von „Dem bisschen Sex“ zu sprechen. Der Mensch selber hat ja mutmaßlich erfüllenden Sex. Die Unzufriedenheit ist ja vor allem auf der anderen Seite groß. Nichts liegt also in so einem Fall näher, als den anderen moralisch unter Druck zu setzen, man dürfe doch so etwas Wertvolles wie eine Beziehung nicht für „das bisschen Sex“ aufgeben. Gerne kommt so eine Antwort auch, um dem eigenen Gefühl zu entgehen, selber nicht „gut genug“ beim Sex zu sein, wo das Gegenüber ja so unzufrieden damit ist.

Zweitens ist es perfide, denn wie wichtig einem Sex ist, ist oft völlig unterschiedlich. Es gibt Menschen, die haben nur alle paar Wochen oder Monate Lust. Andere haben nie Lust. Wieder andere wollen und können mehrmals am Tag. Daher ist es meiner Sicht gar nicht möglich, über einen anderen Menschen ein Urteil wie „das bisschen Sex“ zu fällen.

Dieses Muster halte ich daher für einen gezielten Tiefschlag und für untauglich innerhalb einer Diskussion, innerhalb einer Beziehung.

Ein weiteres häufiges und spannendes Muster ist folgendes: gerade von Frauen habe ich sehr oft gehört „Vielleicht habe ich es ja nicht besser verdient?“ oder „Vielleicht will ich einfach zu viel.“ oder „Ich bin total falsch und verkorkst“. Meistens dann, wenn sie sich selber davon überzeugen wollten oder überzeugt hatten, entgegen der Unzufriedenheit doch in der Beziehung zu bleiben.

Ja, es mag Situationen im Leben geben, in denen wir zu viel wollen. Zum Nachtisch im Restaurant die Mousse au Chocolat, die Crème Brûlée UND das Tiramisu zu bestellen wäre ein Moment in dem ich vielleicht auch sagen würde „Vielleicht willst Du zu viel“. Aber in einer Beziehung glücklich und sexuell befriedigt zu sein, fällt für mich erst einmal nicht darunter.

Besonders spannend wird es aber, wenn man sich die Psychologie dahinter betrachtet. Denn erstens reden wir uns gerne Dinge ein wie „Ich brauche das gar nicht“, „Ich wollte das sowieso nie wirklich“ oder ähnliches, wenn wir etwas nicht bekommen oder uns schlicht nicht trauen. Das ist ganz menschlich und hilft uns, mit dem klarzukommen, was wir entschieden haben oder nicht ändern können/wollen.

Aber es gibt noch eine andere Seite daran, die ich Euch mitgeben möchte. Wenn wir uns Dinge sagen wie „Vielleicht habe ich es nicht anders verdient“ oder „nichts Besseres verdient“, dann fallen wir auf eine Sache rein, die die Psychologie „Just-world hypothesis“ oder „Gerechte-Welt-Glaube“ nennt.

Sehr knapp zusammengefasst gibt es in uns Menschen den in unserer Psyche sehr tief sitzenden Glauben, dass es in der Welt gerecht zugehe. Daher glauben wir zum Beispiel auch, dass uns gute Dinge zustoßen, wenn wir uns gut verhalten. Oder andersherum. Wir wundern uns, wieso Menschen schlechte Dinge oder Schicksalsschläge widerfahren, wo sie doch so gute Menschen sind.

Das zeigt sich auch in Sprüchen wie „Guten Menschen widerfährt Gutes“ oder „Alles rächt sich irgendwann“. Wir denken, dass wir gut sein müssen und dann kann uns quasi nichts passieren. So weit, so falsch würde ich sagen.

Aber das Problem mit diesem „Gerechte-Welt-Glaube“ ist, er funktioniert auch andersherum. Nämlich, dass wir, wenn es uns schlecht geht, dazu tendieren zu denken, wir hätten das verdient. Denn wir leben ja in einer gerechten Welt und wenn wir mehr verdient hätten, dann bekämen wir das ja auch. Und da wird es dann endgültig irre.

Denn wenn wir anfangen schlechte Dinge, die uns widerfahren, darauf zurückzuführen, dass wir einfach schlecht oder zumindest nicht gut genug sind, dann können wir jede Diskussion und jeden Kampf sofort aufgeben. Denn dann ist der Krebspatient selber Schuld, das Unfallopfer oder die geschlagene Ehefrau. Sie bekommen ja in unserer „gerechten Welt“ nur, was sie verdienen.

Ich hoffe, es wird hier sehr klar, dass das totaler Unsinn und eine miese Falle unseres Hirns ist. Ich sage nicht, dass Menschen nicht für das verantwortlich sind, was sie tun und manchmal auch selbst Schuld, wenn ihnen etwas zustößt. Aber sich in einer Situation einzurichten, in der es einem schlecht geht oder es sonst wie unbefriedigend ist, mit dem Argument „vielleicht habe ich es nicht besser verdient“ ist monumentaler Bullshit.

Sexualität und vor allem auch erfüllte Sexualität ist so wichtig, wie ihr sie für Euch wichtig findet. Wie wichtig das ist, kann und darf niemand anderes Euch vorschreiben. Wenn ihr nicht auf Dauer in einer Beziehung ohne erfüllte Sexualität bleiben wollt, dann ist das euer Recht. Wenn ihr in so einer Beziehung steckt, lasst Euch nicht einreden, mit Euch stimme etwas nicht, wenn ihr Wert auf Eure Sexualität legt. Wer das behauptet, der hat meistens eigene Interessen und Gründe Euch das einzureden.

Brauchen wir Datinganschreiben-Grußkarten?

Gelegentlich schreiben wir Nachrichten oder Texte und überlegen „Wie formuliere ich das jetzt so, dass es nicht so klingt wie bei allen anderen“?. Beispielsweise bei Geburtstagswünschen oder in Anschreiben bei Bewerbungen.

In einem meiner Lieblingsbücher kommt dazu dieser Absatz vor, über den ich seinerzeit heftig grinsen musste:

„Wenn Ihnen eine originellere Formulierung einfällt, jemandem ‚Frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr‘ zu wünschen als ‚Frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr‘ dann teilen Sie mir diese gerne mit. Bis dahin ‚Frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr‘.“ (Aus „Gut gegen Nordwind“ von Daniel Glattauer)

In Falle solcher Schreiben kann es sich lohnen, kreativ werden. Manchmal tun es aber auch die Klassiker. Das kommt immer auch auf die Empfängerin oder den Empfänger an.

Genau da sind wir beim Problem, wenn es um Anschreiben auf Datingportalen oder zum Zweck des Kennenlernens geht. Denn dort kennen wir das Gegenüber selbstverständlich noch nicht. Das liegt in der Natur der Sache.

Jetzt erhalte ich eher weniger Anschreiben. Auch im Jahr 2022 ist es im heterosexuellen Dating so, dass Männer eher selten proaktiv angeschrieben und Frauen von Anschreiben überschwemmt werden. Ich nehme an, das hat einerseits etwas mit Angebot und Nachfrage zu tun, andererseits aber auch mit traditionellen Geschlechterrollen. Dennoch habe ich meine Erfahrungen mit ersten Anschreiben in diesem Bereich.

Wie oben erwähnt, ist bei einem Anschreiben wie zum Geburtstag jedem klar, worauf das Ganze hinauslaufen soll. Dennoch kommt es eben auf die Form und den Ton an.

Anschreiben, die nur aus dem Wort „Ficken?“ oder im BDSM-Kontext aus „Knie nieder, Du Fotze und gehorche mir!“ bestehen, sind beispielsweise klar in ihrer Aussage, führen aber eher selten zum Erfolg. Die Rücklaufquote dürfte hier im niedrigen einstelligen Bereich liegen.

Das andere Extrem wären dann Aufsätze von tausend Worten und mehr, in denen im ersten Anschreiben bereits detailliert erklärt wird, welche sexuellen Praktiken in der gemeinsamen Zukunft wie oft und in welcher Form angewandt werden sollen. Es mag Empfängerinnen und Empfänger geben, die so etwas reizvoll finden. Ich habe aber bisher wenige kennengelernt. Auch da sehe ich die Erfolgsquote eher niedrig.

Wie aber sieht das perfekte Anschreiben aus? Die Antwort: es gibt keines. Denn wir kennen ja das angeschriebene Gegenüber nicht. Was also gut ankommt, viele Details oder wenige, romantische oder eher sachliche Formulierungen? Wir können es nicht wissen.

Also bleibt nichts, als einen Kompromiss und Formulierungen zu finden, die irgendwie neugierig machen, irgendwie die eigene Persönlichkeit widerspiegeln und irgendwie auch noch auf den Inhalt des „Zielprofils“ eingehen. Denn natürlich möchte die Empfängerin oder der Empfänger persönlich angesprochen werden.

Jetzt hat es aus meiner Sicht einen Grund, dass es zu Weihnachten und zu Geburtstagen vorgedruckte Karten gibt, die nur noch durch kurze persönliche Botschaften ergänzt werden. Das Wesentliche ist eben schon klar, wenn man die Nachricht erhält: „Oh, eine Geburtstagskarte.“. Der Überraschungsfaktor ist dann gering. Ähnlich wie bei Anschreiben beim Dating.

Schreibt einem der Mensch nicht gerade „Wir saßen schon in der dritten Klasse in Mathe nebeneinander und seitdem bin ich verliebt in Dich und nun habe ich Dich hier wieder gefunden.“, dann ist im Grunde klar, was kommt.

Ich persönlich befolge bei meinen Anschreiben diese Regeln:

  • keine Einzeiler
  • keine Romane
  • keine sexuellen Details
  • höflich bleiben
  • freundlich bleiben
  • keine sexuellen Details
  • eine kurze Beschreibung, warum mir das entsprechende Profil gefiel
  • ein paar Informationen über mich und warum ich denke, dass es passen könnte
  • Oh, und keine sexuellen Details!

That’s it. Viel mehr würde ich auch nicht lesen wollen. Vor allem nicht, wenn ich, wie manche Frauen, mit Mails überschwemmt würde. Die Form passt zu mir und wie gesagt, es ist unmöglich das Rad jedes Mal neu zu erfinden.

Ach ja, und zur Klarstellung: die Antwort auf das oben stehende Zitat aus „Gut gegen Nordwind“ ist ein geschliffen formulierter Weihnachtswunsch, der eben viel mehr ist als „Frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr“ und die Absenderin des Zitats gebührend beeindruckt. Aber wer das genauer wissen will, muss eben das Buch lesen oder das sehr empfehlenswerte Hörbuch hören. Viel Spaß damit.

Das richtige Timing für das erste Treffen

Nicht selten hören wir auf die Frage „Wo habt ihr euch kennengelernt?“ die Antwort „Ganz klassisch im Internet.“. So lustig der Begriff „klassisch“ in dem Zusammenhang ist, es ist wahr. Sehr viele Leute daten heute über das Netz. Sei es über Dating-Apps oder Singlebörsen, über Erotikportale oder Social Media. Je nachdem welcher Statistik Glauben geschenkt wird, ist Online-Dating auf Platz 1 oder auf Platz 2 bei der Frage „Wo lernen sich die meisten Paare heute kennen?“.

Online-Dating hat zweifelsohne viele Vorteile, bietet aber auch manchen Fallstrick und stellt uns vor ganz andere Fragen als es die damals gab, als sich potenzielle Partner auf Partys, durch Freunde oder im Club kennengelernt haben.

Eine davon ist: wann ist der richtige Moment für das erste reale Treffen?

Dabei gibt es, wie so oft, verschiedene Vorgehensweisen. Die Einen schwören darauf, sich nach zwei oder drei kurzen Nachrichten direkt „auf einen Kaffee“ zu treffen. Andere bevorzugen es monatelang zu schreiben und zu telefonieren, ehe man sich trifft. Zwischen diesen beiden Extremen gibt es wiederum endlos viele Schattierungen.

Hier gibt es kein „richtig“ oder „falsch“. Verschiedene Vorgehen, passen zu verschiedenen Typen von Menschen und zu verschiedenen „Zielen“, die mit dem Dating verfolgt werden und selbstverständlich sollten beide einem Date erst dann zustimmen, wenn sie auch beide bereit dazu sind.

Menschen, denen es vorrangig auf Körpersprache, Aussehen, Geruch etc. ankommt, können schlicht am Telefon keine Schlüsse ziehen, ob das Gegenüber ihnen zusagt.

Menschen, denen es wiederum auf Übereinstimmungen in Fantasien, Vorlieben und Interessen ankommt, fahren womöglich besser mit entspannten Gesprächen aus dem sicheren Wohnzimmer oder Schlafzimmer heraus, als mit einer Unterhaltung in der meist etwas nervösen Atmosphäre eines ersten Dates an einem womöglich öffentlichen Ort.

Menschen, die einfach schnell etwas erleben wollen, werden anders vorgehen, als Menschen, die etwas Langfristiges suchen.

Da muss jede und jeder selber wissen, was für sie oder ihn passend und zielführend ist.

Warum ein „zu schnelles“ Treffen ein Problem sein kann, wurde schon oft beschrieben. Wie oft hört man Geschichten, in denen Leute sich zu einem Date getroffen und nach fünf Minuten herausgefunden haben, dass sie sich die Mühe hätten sparen können. Ein kurzes Telefonat hätte genügt, um zu merken, dass es nicht passt.

Bei einem sehr schnellen ersten Treffen wissen beide schlicht sehr wenig über das Gegenüber. Wichtige Fragen wurden vielleicht noch gar nicht angesprochen. Es war keine Zeit für Gespräche über Punkte, die dann aber schnell zentral werden.

So offensichtlich die Probleme mit einem „zu schnellen“ Treffen sind, sind die naturgemäß im besten Fall auch schnell erledigt und abgehakt. Es gab ein schnelles Treffen, eine schnelle Enttäuschung und beide ziehen weiter.

Problematischer, weil langwieriger ist es ist, wenn das erste reale Treffen sich lange verzögert oder beide bewusste lange abwarten wollen.

Eine der Gefahren dabei, die ich nicht unerwähnt lassen möchte, ist natürlich die von Fakes. Wenn sich ein Gesprächspartner partout nie treffen will, womöglich immer wieder sexuelle Gespräche und/oder Bilder einfordert, dann kann es sein, dass dahinter nur der Wunsch nach genau dem steht und gar kein Treffen gewollt ist. Darauf müssen wir alle online immer wieder gefasst sein.

Hier gilt es, sich zu schützen. Es gibt von Videotelefonie über Bildbeweise genügend Möglichkeiten Fakes zu entlarven und wer den Verdacht hat, sollte nicht zögern, sein Gegenüber damit zu konfrontieren.

Aber nicht selten verzögert sich ein Date eben auch, obwohl beide durchaus gewillt sind sich zu treffen. Manchmal liegt der nächstmögliche Termin Wochen in der Zukunft. Was dann?

Mir ist das schon hin und wieder passiert. Ein Kennenlernen ließ sich super an. Es hat direkt gefunkt. Die Gespräche waren toll, wir kamen von einem Thema zum anderen, wir flirteten, es wurde heißer. Aber in dem Moment, als es konkret werden sollte und wir uns treffen wollten, traten Probleme auf. Es ging einfach nicht zeitnah. Bereits vereinbarte Termine mussten verschoben oder abgesagt werden.

Wir gerieten in einen Strudel aus Sehnsucht, Bedauern, Frust und aufgestauter Lust. Die Themen, was wir gerne beim Treffen gemacht hätten, wie heiß es hätte sein können und wann wir uns nun stattdessen treffen könnten, wurden ausgiebig besprochen.

Im besten Fall folgte dann ein schnelles erstes Treffen. Im schlechten Fall eben nicht. Der Frust stieg und irgendwann war die Luft raus. Einfach so und ungewollt. Alles, was telefonisch und schriftlich besprochen und gemacht werden konnte, war gemacht. Ob zu dem Zeitpunkt ein Treffen noch sinnvoll gewesen wäre? Wer weiß. Der Moment war verpasst, der Zauber verflogen. Es war vorbei.

Jetzt können sich einige auf den Standpunkt stellen: wenn es das Richtige gewesen wäre, dann hätte es geklappt und auf diese Zeit überdauert. Ich glaube das nicht. Ich glaube, dass auch im Dating und Beziehungen viel auf den richtigen Moment, das Timing ankommt.

Menschen können noch so gut zusammenpassen, sich noch so sehr lieben, es kommt auch auf den Zeitpunkt an, an dem sie sich begegnen. Ist eine oder einer nicht frei im Kopf, frisch getrennt, im Job zu sehr gefordert etc., dann klappt es oft einfach nicht.

So ist es auch beim Dating. Es gibt ein Zeitfenster, dass sich beim Kennenlernen öffnet und irgendwann schließt es sich wieder. Ohne dass die Beteiligten das wollen. Beeinflussen kann man es sicher und es hilft, wenn die Betroffenen über die Tatsache dieses Zeitfensters Bescheid wissen. Dann kann da einiges dosiert werden. Aber es lässt sich auch nicht beliebig lange offen halten und wenn es zu ist, dann geht es selten wieder auf.

Achtet also darauf, wann ihr auch zum ersten Date trefft. Sucht euer eigenes Tempo und gleicht es mit dem Gegenüber ab. Seid euch aber auch bewusst, dass das Zeitfenster da ist und nicht ewig offen bleibt.

Kommunikation zwischen Hund und Katze

Kommunikation ist ja an sich schon schwierig. Was der eine Mensch sagt ist nicht immer identisch mit dem, was bei dem anderen Menschen ankommt. Da geht es schon los. Eigentlich sollte am Ende einer Diskussion noch einmal zusammengefasst werden was der eine meint gesagt zu haben und was der andere verstanden hat und umgekehrt. Dem würde sich dann aber vermutlich wiederum eine weitere Diskussion anschließen und so weiter.

Aber auch vermeintlich eindeutige Aussagen wie „ich melde mich nachher“ können schon zu Missverständnissen führen. Für den einen bedeutet das „in den nächsten 15 Minuten“ der andere meint damit aber „irgendwann heute noch“. Selbst Worte bedeuten für uns oft unterschiedliche Dinge. Wenn ich sage „nachher“, dann meine ich üblicherweise „recht bald“. Hätte ich „heute Abend“ gemeint, hätte ich es auch gesagt.

Ein anderes Beispiel. Wenn der eine Mensch sagt, es gäbe „eine Kleinigkeit zu Essen“, dann meint er damit womöglich zwei Scheiben Brot und eine Essiggurke. Ein anderer Mensch versteht darunter womöglich „statt fünf Gänge nur drei Gänge“.

Ein Mensch, der diese Begriffe aber anders verwendet, wird sie auch anders verstehen, wenn man sie ihm gegenüber verwendet.

Aber Kommunikation besteht ja nicht nur aus dem gesprochenen Wort. Wir kommunizieren auch durch Schweigen, durch Handlungen und durch Nicht-Handlungen. Wie der Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick sagte „Wir können nicht nicht kommunizieren„.

Mein Lieblingsbeispiel ist hier der Unterschied in der Körpersprache von Hunden und Katzen. Daher der Titel des Artikels, falls ihr euch schon gewundert habt. Wenn Hunde sich freuen, wedeln sie mit dem Schwanz (billig Witze darüber, dass Männer das angeblich genauso halten hier mal außen vor). Wenn Katzen mit dem Schwanz „wedeln“, sprich ihn langsam hin und her bewegen, dann ist das ein Warnzeichen und kündigt meist einen unmittelbar bevorstehenden Angriff an.

Wenn also die Katze einen Hund sieht, der mit dem Schwanz wedelt, dann denkt sie „Der greift gleich an…“ und wird womöglich prophylaktisch selber angreifen. Der Hund wird sich darauf denken „Wofür war das denn?“ und entweder die Welt nicht mehr verstehen oder selber aggressiv werden.

Objektiv gesehen hat niemand etwas falsch gemacht, dennoch ist die Lage eskaliert. Beide können aber lernen die Körpersprache des anderen zu verstehen und schon können viele Probleme vermieden werden.

Und bei Menschen? Da ist es beispielsweise so, dass der eine Mensch, wenn er jemanden besonders mag oder sich verliebt hat, am liebsten jeden Tag telefoniert und stundenlange Gespräche führt. Will das Gegenüber das aber nicht, dann ist im Kopf des ersten klar: „Da ist kein Interesse.“.

Kann sein, muss aber nicht. Auch Menschen drücken ihre Zuneigung und Abneigung unterschiedlich aus. Wenn Mensch A also gerne viel telefonieren will, Mensch B aber gelegentliche Kurznachrichten völlig ausreichend findet, dafür Mensch B seine Zuneigung mit kleinen Gesten ausdrückt, die für Mensch A nichts besonderes bedeuten, dann kann das schnell zu Missverständnissen führen. Es sei denn, sie bemühen sich ihr Gegenüber zu verstehen.

Die eigenen Maßstäbe an Kommunikation sind nicht die Norm, an der sich alle Menschen orientieren.

Wenn einem wichtig ist mit dem anderen Menschen zu kommunizieren und klar zu kommen, dann ist es elementar wichtig die Sprache und Zeichen des Gegenübers verstehen zu lernen. Das erleichtert alles ungemein.

Was ich damit aber explizit NICHT sagen möchte ist, dass ein „Lass mich in Ruhe“ nicht „Lass mich in Ruhe“ heißt. Oder irgendeinen Scheiß wie „Wenn sie Nein sagt, meint sie Ja“. So meine ich das nicht und so will ich nicht verstanden werden. Das ist übergriffiger Mist und sagt nur aus, dass einem das Gegenüber eigentlich egal ist und man nur den eigenen Willen durchsetzen möchte.

Was ich meine ist, dass man manchmal das eigene Verhalten oder die eigenen Aussagen hinterfragen darf um herauszufinden, wie sie bei anderen ankommen. Eben versuchen das Verhalten anderer nicht nur nach den eigenen Maßstäben zu bewerten. Das kann gerade beim Kennenlernen und in der Anbahnung von neuen Beziehungen extrem helfen.

Wenn euer Gegenüber sich nicht zehnmal am Tag meldet, Bilder schickt oder Liebesschwüre schreibt, ihr das aber als das absolute Minimum seht, wenn jemand Interesse hat, dann redet mal drüber. Kommuniziert euer Bedürfnis. Entweder hat euer Gegenüber wirklich kein Interesse oder kommuniziert einfach ein wenig anders als ihr.

Ach ja und vorsichtig beim Schwanzwedeln. Kann man nicht oft genug sagen.

Männer, wir müssen reden

Als Mann muss ich euch mal ein paar Dinge sagen. Oder uns ein paar Dinge sagen. Ich gehöre ja dazu und mache auch manchmal ähnliche Fehler wie die, um die es heute gehen soll. Fangen wir mal mit ganz grundlegenden Dingen und ohne Anspruch auf Vollständigkeit an.

Niemand kann aufgrund seines Geschlechts etwas besser oder schlechter als andere anderen Geschlechts. Ich selbst könnte keine Lampe anschließen auch wenn viel davon abhinge. Dafür kann ich kochen. Manche Männer können gut Autofahren, andere schlecht. Manche Frauen können einparken, andere nicht. Es hat nichts mit dem Geschlecht zu tun.

Niemand ist mehr wert als ein anderer. Nicht wegen des Geschlechts und auch nicht wegen der Herkunft, wenn wir schon dabei sein.

Nachdem diese Grundlagen hoffentlich geklärt sind, nämlich dass kein Geschlecht besser ist oder mehr Rechte haben sollte als ein anderes, nun zum Thema Sex.

Nähern wir uns dem Thema an um das es gehen soll: Frauen sind auch nicht dazu da um uns zu gefallen oder anzumachen. Ihre Körper sind nicht dazu da uns zu gefallen oder von uns sexualisiert zu werden. Wenn eine Frau sich heiß anzieht, dann will sie vielleicht Aufmerksamkeit. Vielleicht will sie sich aber auch nur anziehen, wie es ihr gefällt. Was sie aber sicher nicht will, ist von fremden Typen begafft oder gar angefasst zu werden.

Liebe Männer, Frauenkörper gehören euch nicht. Sie gehen euch ehrlich gesagt in den meisten Fälle gar nichts an. Wenn ihr das Glück habt, dass euch ein oder gar mehrere Frauenkörper mit Einverständnis der Besitzerinnen etwas angehen, dann genießt es und lasst die anderen in Ruhe.

Das gilt übrigens alles ganz ausdrücklich auch für Menschen in Beziehungen. Auch für Ehepartner und Partnerinnen, Spielpartner und Partnerinnen, Lebensgefährten und Gefährtinnen etc.

Soweit das Allgemeine. Nun zum konkreten Akt.

Ich habe noch nie verstanden, was an einem Menschen besser oder als Partner oder Partnerin reizvoller sein soll, weil dieser Mensch bisher keinen Sex hatte. Was soll das? Ich kenne auch keine Frau, die auf einen „Jungmann“ besteht. Nach dem Motto „Mein Mann muss unberührt in die Ehe gehen, aber ich will vorher rumficken.“ Ja, es gibt religiöse Gründe, dass beide unberührt in die Ehe gehen wollen, aber dazu sage ich hier jetzt nichts. Dieses „unberührt“ ist so ein männliches Ding. Man selber fickt rum und hatte 20 oder 30 Frauen, will dann aber eine „Jungfrau“ für eine Beziehung.

Was für eine Heuchlei. Was für Dreck.

Entweder ihr seid der Meinung, dass Sex einen irgendwie befleckt oder verdirbt, dann dreht ihr der armen „Jungfrau“ euch als befleckte Ware an. Oder Ihr wollt einfach nur Spaß haben und gönnt ihn den Frauen nicht.

Ganz abgesehen davon, ist es wirklich so erstrebenswert mit jemandem Sex zu haben, der oder die keine Erfahrung hat? Ich wusste die ersten Male sicher nicht was ich tue und was ich tun sollte. Niemand muss Erfahrung haben, aber schädlich ist sie für den Sex eigentlich nie.

Liebe Männer, auch wenn es das schöne Zitat „Sex ist nur schmutzig, wenn er richtig gemacht wird.“ gibt, er beschädigt die Frauen nicht. Er befleckt sie auch nicht. Eine Frau die viel Sex hatte wird dadurch kein bisschen weniger „wert“ als eine „Jungfrau“. Wo sind wir hier? Im Mittelalter?

Mal ehrlich, wenn es auch so sehr belastet, euch bei einer Frau von Ende dreißig oder Anfang vierzig vorzustellen, dass da schon andere Männer ihren Penis in eine ihrer Körperöffnungen gesteckt haben, dann hinterfragt mal eure Männlichkeit und euer Selbstwertgefühl. Wenn ihr euch einreden müsst „Da war vor mir noch keiner dran“, dann habt ihr ein Problem und nicht die Frau.

Haben wir das soweit geklärt? Dann kommen wir zum Thema Monogamie. Ist es schlimm, wenn die Partnerin auch Sex mit anderen hat oder haben will?

Wenn eure Frauen etwas Sexuelles außerhalb der Beziehung suchen, dann spricht das nicht gegen eure sexuellen Fähigkeiten. Nicht jeder kann jedes Bedürfnis erfüllen und manchmal ist es nur der Wunsch, etwas Neues zu erleben. Etwas ausprobieren, das der andere vielleicht nicht mag oder das mit einem anderen Sexpartner besser oder einfacher geht.

Sagen wir es doch mal wie es ist: Geschlechtsteile nutzen nicht ab, wenn sie häufig benutzt werden. Im Gegenteil ist es eher so, dass sie Schaden nehmen, wenn sie zu selten oder nie benutzt werden. Wenn eure Frau sich also mit einem anderen trifft, dann nimmt euch das erst einmal gar nichts weg. Im Gegenteil. Wenn sie trotz anderer Erfahrungen immer wieder zurückkommt, dann sagt das ja auch etwas über euch und eure Beziehung aus.

Natürlich kann das Thema heikel sein. Daher ist es umso wichtiger, dass man von Anfang an über seine Bedürfnisse spricht und diese klar formuliert. Ebenso wichtig ist es, darüber im Gespräch zu bleiben. Denn Bedürfnisse können sich auch ändern. Einfach mal etwas anderes erleben zu wollen ist nicht schlimm. Für beide Seiten ist das ok, wenn man offen damit umgeht und sich abspricht. Ist es nicht ok, so macht es den Umgang miteinander zumindest ehrlicher und auch oft einfacher, wenn man offen kommuniziert.

Seht es doch mal so: Viel wichtiger ist doch, dass ihr im Kopf die Nummer Eins seid.

Lieber Männer, hinterfragt und entspannt euch. Wir können alle sexuell viel freier leben, wenn wir offen über Bedürfnisse reden, uns nicht gegenseitig begrenzen und limitieren, sondern beflügeln und unterstützen. Wir können viel freier und befriedigter leben, wenn wir unsere Bedürfnisse ausleben und es auch unseren Partnerinnen und Partnern erlauben.

Dazu müssen wir ein paar grundlegende Fakten aber erst einmal verinnerlicht haben und darum sollte es heute gehen. Ich hoffe, ich konnte den ein oder anderen von euch erreichen. Wäre doch schön, wenn wir dazulernen würden.


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Kontaktabbruch oder auch Ghosting

„But you didn’t have to cut me off
Make out like it never happened and that we were nothing
And I don’t even need your love
But you treat me like a stranger and that feels so rough“

„Somebody That I Used to Know“ von Gotye

Heute geht es mir um ein Thema, dass wenig bis nichts mit BDSM, aber dafür viel mit Beziehungen zu tun hat. Vor allem mit ihrem Ende.

Ich spreche hier nicht davon, dass man einen Chat auf einem Flirtportal beendet oder nach zwei Dates feststellt, dass es irgendwie doch nicht passt. Ich meine Beziehungen, in denen man über Monate oder Jahre zusammen war und dann ein Part mit dem anderen kein Wort mehr redet. Ihn oder sie komplett aus ihrem oder seinem Leben entfernt und nie wieder Kontakt zulässt.

Es wird nicht mehr ans Telefon gegangen, Kontakte in Messengern werden gesperrt, Nachrichten nicht mehr beantwortet.

Diese miese Form der Trennung nennt sich Ghosting. Ein Begriff der erst in den letzten Jahren aufgekommen ist und bedeuten soll, dass man vom ehemaligen Partner wie ein Geist behandelt wird, durch den man hindurch sieht. Es kommt einem so vor, als habe man sich die ganze Beziehung nur eingebildet.

Alleine an der Tatsache, dass es dafür einen eigenen Begriff gibt, sieht man schon: selten scheint dieses Verhalten nicht zu sein.

Es mag Gründe geben, den Kontakt völlig abzubrechen. Gewalt in der Beziehung ist so ein Grund. Keinen Kontakt zu einem gewalttätigen Partner mehr haben zu wollen ist eine völlig gesunde Reaktion.

Hilflosigkeit, Angst aber auch Feigheit sind Gründe den Kontakt abzubrechen. Es liegt aber in der Natur der Sache, dass derjenige, zu dem der Kontakt abgebrochen wird die genauen Gründe nie erfährt. Denn es gibt ja keine Kommunikation, keinen Kontakt mehr.

In der Regel wird Ghosting so definiert, dass es ohne Ankündigung passiert. Andere definieren es so, dass nach einem Abschiedswort der Kontakt abgebrochen wird. In jedem Fall bedeutet es aber, dass ab einem Punkt X zwischen zwei Menschen die sich geliebt haben von einer Partei ausgehend keinerlei Kontakt mehr stattfindet.

Es ist aus meiner Sicht ein Akt der Gewalt. Wo vor kurzem noch Liebe, Hoffnung und Träume waren, wird verbrannte Erde hinterlassen ohne zu erklären. Es werden emotionale Wunden geschlagen von denen ich aus Erfahrung sagen kann, dass sie auch nach Jahrzehnten nie ganz verheilen.

Wer sich so aus einer Beziehung zurück zieht, der tut dem anderen Gewalt an. Darüber sollte man sich klar sein.

Die Journalistin Tina Soliman hat ein Buch über das Thema veröffentlicht und beschreibt die Auswirkungen in einem Interview wie folgt: „Der Neurologe und Psychologe Michael Linden von der Charité spricht von einer ‚posttraumatischen Verbitterungsstörung‚. Das ist eine reaktive psychische Störung infolge des Erlebens von Ungerechtigkeit, Herabwürdigung oder Vertrauensbruch, gekennzeichnet durch nagende Verbitterungsgefühle, Aggressionsfantasien, schlechte Stimmung, Rückzug aus Sozialbeziehungen und Einengung des Lebens. Die Geghosteten trauen sich nicht mehr in Beziehungen. Solche Erfahrungen prägen sich tief in unsere DNA ein.“

Gerade heute ist es leicht sich zurück zu ziehen und den Kontakt abzubrechen. Im Gegensatz zu früher hat man den Partner oft nicht bei der Arbeit oder im Freundeskreis gefunden. Oft ist er weit weg, man hat sich über das im Internet getroffen und lieben gelernt. Die Distanz erleichtert es dann, den früher geliebten Menschen aus dem eigenen Leben zu streichen.

Aber wie oben erwähnt, reißt man dabei tiefe Wunden.

Es kommt oft noch dazu, dass man den anderen ja durchaus in sozialen Medien noch agieren sieht. Er oder sie ist also keinesfalls im Amazonasgebiet verschollen oder bei einer Expedition zum Mond gestrandet. Nein. Er oder sie agiert und lebt sich aus, ghostet einen aber eben. Das macht es noch brutaler.

Daher halte ich es auch bei diesem Thema so, wie ich es bei allen Themen halte: seid offen und ehrlich miteinander. Kommuniziert mit den Menschen. Redet und schreibt miteinander. Erklärt eure Gefühle und Beweggründe. Auch in der Trennung.

Und wenn es euch nicht zum Zeitpunkt der Trennung möglich ist die Umstände zu erklären, dann gebt dem Menschen irgendwann später eine Erklärung. Eine Erklärung, die womöglich Wunden heilen kann. Denn die Fragen im Kopf bleiben auch nach Monaten und Jahren.

Reden wir über Bedürfnisse

Ihr werdet es ahnen, hier geht es nicht um Bedürfnisse wie Atmung, Nahrung oder Schlaf. Aber auch nicht ausschließlich um sexuelle Bedürfnisse. Womöglich wird dass hier etwas weniger BDSM-bezogen als sonst üblich. Wir werden sehen.

Menschen haben viele Bedürfnisse. Nach der Maslowschen Bedürfnishierarchie gibt es verschiedene Arten von Bedürfnissen. Die oben genannten wären dann physiologische Bedürfnisse. Sie haben wir alle. Aber jeder hat eben auch ganz individuelle Bedürfnisse und diese treiben den jeweiligen Menschen an. Sie machen viel von dem aus wer wir sind. Sie beeinflussen maßgeblich unsere Entscheidungen. Die großen und die kleinen.

Wer die eigenen Bedürfnisse nicht kennt, der versteht oft nicht, wieso er oder sie handelt wie er oder sie eben handelt.

Verhalten und Konflikte versteht man oft, wenn man versteht was das Bedürfnis des anderen ist. Manchmal kann man den Konflikt dann lösen, manchmal erkennt man dann aber auch, dass es keine Lösung geben kann mit der beide Seiten zufrieden sind. Nämlich dann, wenn die Bedürfnisse sich widersprechen. Sprich, wenn die Erfüllung des einen Bedürfnisses die Erfüllung des anderen verhindert.

Klingt abstrakt und kompliziert? Ist es eigentlich nicht so sehr.

Wenn zum Beispiel ein Mensch ein großes Bedürfnis nach Sicherheit und Geborgenheit hat, dann wird er oder sie vielleicht einen möglichst sicheren Job haben wollen. Kinder bekommen, ein Haus kaufen. Hat auf der anderen Seite ein Mensch ein großes Bedürfnis nach Freiheit, dann wird dieser Mensch vielleicht wenig wert auf einen festen Job legen. Vielleicht wird dieser Mensch gerne von heute auf morgen alles fallen lassen und einen sechsmonatigen Trip durch Südamerika machen wollen.

Dass diese beiden Menschen jetzt ein Paar werden, dass länger als wenige Monate zusammen bleibt ist unwahrscheinlich. Zu unterschiedlich sind ihre Vorstellungen und Bedürfnisse. Es sei denn natürlich, einer von beiden ist sich seiner Bedürfnisse nicht bewusst oder entscheidet für die Liebe darauf zu verzichten.

Wir sind uns vermutlich einig: dann sind Konflikte vorprogrammiert.

Vor allem, da Bedürfnisse sich im Laufe eines Lebens verstärken oder verändern können. Vielleicht wird der freiheitliebende Mensch sich mit den Jahren immer mehr eingesperrt fühlen. Als Gegenreaktion wird dieser Mensch womöglich ein immer größeres Bedürfnis nach Freiheit entwickeln. Alle Versuche den „Sicherheits-Menschen“ zu kleinen und größeren Ausbrüchen zu motivieren sind unbeantwortet geblieben. Klar, es entspricht ja nicht dessen Bedürfnissen.

Irgendwann, nach vielen Jahren Beziehung, wird es vielleicht nicht mehr auszuhalten sein. Womöglich bricht dieser Mensch dann aus um endlich in zerrissenen Jeans durch San Francisco zu gehen. Zurück bleibt ein fassungsloser Partner der nicht versteht, was „plötzlich“ so anders ist, wo doch bisher alles so „perfekt“ war.

In diesem Beispiel haben beide nicht ausreichend auf ihre Bedürfnisse geachtet oder sie nicht ausreichend gekannt.

Nun nähern wir uns dem Punkt. Auch erfüllte Sexualität ist ein Bedürfnis. Ein sehr starkes und grundlegendes sogar. Bei manchen stärker und bei anderen schwächer ausgeprägt. Bei ganz wenigen sogar kaum vorhanden.

Für manche Menschen ist Sex ein zentraler Punkt und ganz essentieller in ihrem Leben. Für andere etwas Schönes, aber eher etwas dass eben da ist. Beides ist in Ordnung. Genauso wie Essen für manche eine pure Notwendigkeit und für andere ein Luxus im Alltag ist, der aus einem mittelmäßigen Tag einen fantastischen Tag machen kann.

Unterschiedliche Bedürfnisse eben.

Problematisch kann es werden, wenn sich beim einen die Leidenschaft für Sex weiter entwickelt und beim anderen nicht. Oder wenn sich die Vorstellung wie erfüllte Sexualität aussieht auseinander entwickelt haben.

Vielleicht hat man früher gut zusammen gepasst. Vielleicht standen bei beiden am Beginn der Beziehung das Bedürfnis nach Liebe, Geborgenheit und Familie im Vordergrund. Nun wo das erfüllt ist, rücken aber bei einem Partner andere Bedürfnisse in den Vordergrund und entwickeln sich weiter.

Wie gesagt, auch sexuelle Bedürfnisse können sich entwickeln, Anlage die vorhanden waren sich verstärken und im Resultat hat man andere sexuelle Bedürfnisse als der langjährige Partner. In der Fantasie entstehen vielleicht Ideen von BDSM die verschüttet waren und als jugendliche Spinnereien abgelegt schienen.

Nun werden sie aber immer stärker und sie sind eben genauso ein Bedürfnis wie die anderen Bedürfnisse auch. Wie im Beispiel oben mit dem freiheitsliebenden und dem sicherheitsliebenden Menschen hat man sich aber womöglich einen Partner ausgesucht, der ganz andere Bedürfnisse hat. Mit dem man wie erwähnt anfänglich ähnliche Bedürfnisse hatte, aber eben nicht alle geteilt hat. Wie dass nach erfüllter Sexualität oder Freiheit.

Was in dieser Situation nicht hilft ist, dem anderen Vorwürfe zu machen wie „Für das bisschen rumficken willst Du unsere Beziehung zerstören?“. Das ist nicht der Punkt. Das ist ein typischer Fall vom nicht verstehen anderer Bedürfnisse. Nur weil man sie nicht teilt, sind die Bedürfnisse des anderen nicht minderwertig.

Leider sehen aber viele, meiner Erfahrung nach vor allem viele Männer, nur ihre Bedürfnisse. Halten diese für zentral und unverhandelbar wichtig. Haben aber nicht die Fähigkeit oder das Interesse auch die Bedürfnisse des Partners zu sehen und zu achten. Wer aber nur auf die Erfüllung der eigenen Bedürfnisse pocht ohne die des anderen zu achten, der verletzt seinen Partner Tag für Tag.

An dem Punkt wäre es stattdessen wichtig sich gegenseitig die Bedürfnisse klar zu machen. Konstruktiv zu versuchen Lösungen zu finden wie beider Bedürfnisse erfüllt werden können. Denn nur, wenn diese zentralen menschlichen Bedürfnisse wie zum Beispiel Sicherheit, Geborgenheit, erfüllte Sexualität, Liebe befriedigt werden, können wir als Menschen auf Dauer glücklich sein.

Was ihr also braucht ist erst einmal Klarheit über die eigenen Bedürfnisse. Was ist für euch wichtig und eigentlich nicht verhandelbar?

Dann könnt ihr jemanden suchen, der diese Bedürfnisse erfüllt und der idealerweise weitgehend die selben Bedürfnisse hat. Manchmal ist das aber nicht ein Mensch. Manchmal findet man Erfüllung für die einen wichtigen Bedürfnisse beim einen und für andere Bedürfnisse bei einem anderen Menschen.

Wenn der Partner nicht gerne kocht und isst, dann findet man vielleicht Freunde die das mögen. Oder einen Kochclub. Bei so etwas ist das normal. Wenige Menschen würden das als Verrat an der Beziehung sehen. Beim Sex finden das leider sehr viele Menschen schon. Das muss aber nicht so sein. Denn wie wir ja neulich schon besprochen haben, nicht mit jedem Partner kann man alles ausleben.

Solltet ihr aber in einer Beziehung sein in der eure gegenseitigen Bedürfnisse nicht erfüllt werden und ihr findet auch keine Lösung. Sollten sich die Bedürfnisse nicht unter einen Hut bringen lassen, dann muss man sich eben vielleicht doch trennen. So haben beide die Möglichkeit ihre Bedürfnisse nach Liebe, Geborgenheit oder erfüllter Sexualität mit jemand anderem zu erfüllen, statt dass immer einer oder beide leiden.

Und nennt mich einen Romantiker. Aber ich bin überzeugt, dass es möglich ist alle Bedürfnisse auch in einer Beziehung zu erfüllen. Dafür braucht es nur klare Kommunikation über dass was man will und braucht und Toleranz für dass, was der andere will und braucht. Vor allem an letzterem hapert es aber meistens.