„Secretary – Womit kann ich dienen?“

41R85rZdEyLIst „Secretary“ ein Meisterwerk? Eher nein. Aber man kann ihn gut schauen und für jeden, der BDSM zugeneigt ist und sich nicht leicht erschrecken lässt, ist er absolut empfehlenswert. Denn er gibt sehr viele Einblicke in Dinge und Verhalten, die ich aus meinen Jahren in dem Bereich gut kenne.

Und Achtung, ab hier kann es SPOILER geben.

Die Geschichte ist schnell erzählt. Die junge Lee Holloway (Maggie Gyllenhaal) nimmt einen neuen Job bei einem Anwalt (James Spader) an und durch die Anleitung ihres neuen und strengen Chefs entdeckt sie das, was ihr schon immer gefehlt zu haben scheint: Erniedrigung, Dominanz und Schmerz.

Wie und auf welche Weise diese Entwicklung verläuft ist dabei das eigentlich spannende. Und da zeigt der Film eine große Bandbreite an hoch interessanten Themen.

Am wichtigsten vielleicht, wie Lee durch die Entdeckung ihrer wahren Neigung zu sich findet. Sie entdeckt das, was sie erfüllt und erregt. Und damit etwas, dass ihr immer gefehlt hat. Ihr anfängliches selbstverletzendes Verhalten kann man sowohl als eine Form von Lust auf Schmerz, als auch den Versuch sich selber zu spüren verstehen. Sicher ist es eine vereinfachte Darstellung, dass BDSM all ihre Probleme löst. Aber hey, es ist ja auch nur ein Film.

Wenn man den Film anschaut, dann entdeckt man wahnsinnig viele Elemente die typisch für BDSM sind. Mary Gaitskill, die Autorin weiß offenbar sehr genau, worüber die da schreibt. Sie hat übrigens den Film auch als „Pretty Woman-Version ihrer Geschichte“ bezeichnet. Und der Bezug zu „Pretty Woman“ ist gar nicht so weit hergeholt. Außerdem deutet es darauf hin, dass die Geschichte wohl etwas härter ist, leider kenne ich die aber nicht.

Wie erwähnt reißt der Film sehr viele Themen an, die man als BDSM-erfahrener Mensch kennen kann. Angefangen mit der Lust an Erniedrigung mit der Lee schon früh im Film in einen Müllcontainer steigt, gibt es viel zu entdecken, dass dem BDSMer bekannt vorkommt.

Die Art, wie Lee versucht Strafen zu provozieren kommt sicher vielen bekannt vor. Die Anweisungen, was sie essen darf und auf welche Weise geben Einblicke in D/s, die ich so noch nicht oft in Filmen gesehen habe. Besonders spannend und berührend für mich dabei die Szene, als sie heimlich telefonisch den Speiseplan an ihn durch gibt.

Auch die Rituale die beide etablieren sind schön dargestellt. Aber auch seine Zweifel und Distanz dürften bei vielen Erinnerungen an sich selber oder Partner wecken.

Die Art wie sie die blauen Flecken auf ihrem Arsch bewundert und wie sie versucht, sich selber zu schlagen und daran natürlich scheitert sind ebenfalls toll beobachtet und realistisch.

Die nicht zuletzt die Szene in der sie ihren Freund versucht dazu zu animieren sie zu schlagen und wie er rein gar nichts versteht. Auch der folgende frustrierende und unbefriedigende Sex mit dem Freund. Alles Versatzstücke in denen sich viele wieder erkennen, die BDSM leben.

Ich habe den Film vor Jahren schon einmal gesehen und mochte ihn. Offenbar sogar sehr, denn ich habe mir damals die DVD gekauft. Über die Jahre habe ich aber viel vergessen und ich glaube auch, ich verstehe ihn heute besser als damals. Auch das was mich damals störte, fand ich heute schlüssig.

Denn damals hatte ich mich daran gestört, dass Lee anfangs aus einer Klinik kommt. Das hatte ich damals interpretiert, als müsse man sich absichern und klären, dass jemand der so etwas mag ja krank sein müsse.

Das verstehe ich heute anders. Ihr Leben hat sie krank gemacht und sie hatte keine Lösungen. Als sie BDSM für sich entdeckt, kann sie ihr selbst verletzendes Verhalten ablegen. Sie hat zu sich gefunden und zu dem, was sie erfüllt. Das DAVOR waren Lösungen, weil ihr genau diese Erfüllung im Leben gefehlt hatte. So interpretiere ich es heute.

Auch war ich überrascht wie explizit der Film doch wird. Man sieht zum Beispiel die auf allen Ebenen wunderbare Maggie Gyllenhaal völlig nackt. Das hat mich für eine Hollywood-Produktion schon gewundert.

Außerdem gibt es die Spuren auf ihrem Arsch zu sehen, Man sieht in einer Szene, wie sie sich einpinkelt, weil sie gehorsam seiner Anweisung folgt sich nicht aus einer bestimmten Position zu bewegen. Auch Szenen in denen sie auf allen Vieren durch das Büro kriecht oder ihm ein Kaugummi in die Hand spuckt sind intimer, als ich sie in so einem Film erwartet habe.

Insgesamt kann ich den Film jedem empfehlen. Hier wird BDSM insgesamt sehr positiv dargestellt, ohne dabei die Handlungen als Missbrauch darzustellen. BDSM ist hier einfach etwas, dass beide wollen und beiden gut tut. Das fand ich sehr wohltuend.

Übrigens, dass der Anwalt und Dom in diesem Film „Grey“ heißt, hat nichts mit „Fifty Shades of Grey“ zu tun. Der Film entstand Jahre vor dem ersten Buch dieser Reihe. Ob der Charakter der Autorin der Bücher als Inspiration diente ist mir nicht bekannt.

13 Gedanken zu “„Secretary – Womit kann ich dienen?“

  1. Ich liebe diesen Film. Die Interpretation, dass sie nicht krank ist, sondern nur zu ihrem wahren Selbst findet, bezweifle ich allerdings. Immerhin hast du mich angeregt, endlich die dazugehörige Story zu lesen. Danke!

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  2. Ich liebe diesen Film… ich habe ihn vor Jahren gesehen mit meinem jetzigen ExPartner… und war völlig aus dem Häuschen…
    Mich hat damals am meisten getriggert, das sie so nachlässig und unaufmerksam mit ihrem Körper umgegangen ist… die Schlampigkeit…
    Heute, Jahre später, nach einer sexuell völlig unbefriedigenden Ehe und dem Eingeständnis eine devote Masochistin zu sein… kann ich das völlig nachvollziehen.
    Das Gefühl der Wertlosigkeit und des permanenten Selbsthasses… war spektakulär Alltags und Psychenschädigend….
    Seit ich weiß was ich bin, was ich brauche… und in welchem Kontext, bin ich eine freier Mensch geworden.

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  3. Toller Beitrag. Mir hat damals genau das gleiche an dem Film nicht gefallen und ich weiß noch wie ich danach zu meinem Freund meinte (der den Film toll fand) das es wieder typisch war die Frau als psychisch Krank hin zu stellen nur weil sie auf SM steht.
    Trotz allem ist der Film super und James Spader sowieso 🙂

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      • Ja ich habe ihn sogar öfter gesehen, aber wirklich geändert hat es meine Meinung nicht. Es gibt einfach zu viele Filme und Bücher in denen jemand eine kranke Vorgeschichte hat und deswegen zum BDSM findet …. das gefällt mir einfach nicht und festigt in den Köpfen der Leute das Gefühl das alles was damit zu tun hat eben auch irgendwie krank sein muss.
        So wirklich kann ich mich auch nicht damit abfinden dass all ihre Probleme vergangen sind nur weil sie sich plötzlich dazu bekennt eine Sub zu sein. Das scheint mir ein wenig zu einfach …

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      • Ich verstehe was Du meinst. Es ist natürlich auch etwas ein BDSM-Märchen. Aber ich fand es wie erwähnt beim zweiten Sehen wesentlich plausibler.

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      • Ich hab den Film länger nicht gesehen. Vielleicht denk ich mittlerweile auch anders darüber wenn ich ihn noch einmal sehen würde. Klar die Hochzeit am Ende ist wirklich wie ein kleines Disney Märchen 😉 Was denkst du über Grey? Findest du ihn realistisch? Ich mein nicht jeder Dom leidet an einer Zwangsstörung 🙂

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      • Nein, natürlich leidet nicht jeder an Zwangsstörungen. Aber bei ihm ist es weniger als Störung oder krankhaft gezeichnet. Eher wie eine Eigenschaft die er eben hat. Wie eine Haarfarbe oder dass einer Rechtshänder ist.

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