Vom Partner zum Dom?

Wenn ich mit Frauen rede oder sie über den Blog mit mir in Kontakt treten, dann begegnet mir sehr häufig ein bestimmtes Muster. Die Frau hat ihre devote Neigung entdeckt und versucht das dem Ehemann nahe zu bringen. Dieser ist selbstverständlich zutiefst überzeugt, dass er ihr das was sie möchte mit Leichtigkeit geben kann.

Über dieses unerschütterliche männliche Selbstvertrauen ließe sich ebenfalls einiges sagen. Darum soll es aber hier nicht gehen. Es soll darum gehen, dass die obige Annahme in den allermeisten Fällen falsch ist.

Es gibt da gleich mehrere Probleme. Problem Nummer eins ist, der Ehemann steht im Normalfall einfach nicht darauf zu dominieren. Wenn doch und die beiden haben es nur gegenseitig bisher nicht gewusst, dann herzlichen Glückwunsch. Ein Lottoschein wäre bei dem Glück wohl eine gute Idee gewesen.

Wenn der Partner aber selber nicht darauf steht, dann wird es „dieses BDSM“ vermutlich nur zum Gefallen der Partnerin/Ehefrau machen. Dass wiederum weiß sie natürlich. Und für die allermeisten devoten Frauen ist das ein totaler Lustkiller. Denn sie wollen dominiert werden, weil es dem Mann gefällt. Weil er sie beherrschen und benutzen will. Was sie nicht wollen ist ein Partner bei dem sie genau wissen, der tut nur so, um ihnen eine Freude zu machen.

Das ist ein essentieller Unterschied zu einer Sexpraktik die man mal macht, weil es dem Partner gefällt. Das kann hervorragend für beide funktionieren. Im BDSM ist aber auch die Haltung hinter der Handlung für den Kick mit verantwortlich. Diese Haltung fehlt bei dieser Form von „Gefälligkeit“ und dadurch wird der Reiz extrem geschmälert.

Problem Nummer zwei ist oft, dass die Partner die Dominanz nicht glaubhaft machen können. Wie auch? Es ist nicht ihre innere Überzeugung und wenige haben die Schauspieltalente einer Robert de Niro. Erschwerend kommt bei langen Beziehungen hinzu, dass die Frau den Mann sehr gut kennt. Umso fremder und gekünstelter erscheint dann im Einzelfall die plötzliche sexuelle Dominanz.

Auch das ein weiterer und heftiger Lustkiller.

Ein drittes gängiges Problem ist, dass ein erfahrener Dom oder zumindest ein Dom der die Neigung wirklich hat, eine Sub anders behandelt als es ein Partner kann. Selbstverständlich soll und muss er auf sie achten. Aber in einer Session oder einer anderen Form von BDSM-Beziehung schwingt immer auch eine Anteil von „es ist mir völlig egal ob dir das jetzt gefällt, ich nehme es mir“ mit. Das zu begreifen fällt jemandem, der BDSM nicht kennt und versteht schon schwer. Es herüber zu bringen ist für einen womöglich langjährigen Partner quasi unmöglich.

Wie soll man nach 8, 10 oder 15 Jahren Ehe oder Partnerschaft der Lebenspartnerin, womöglich der Mutter der gemeinsamen Kinder glaubhaft machen, dass es einem „egal“ (immer ihm Rahmen des Metakonsens von BDSM natürlich) ist ob sie Lust hat und dass man sie fickt egal ob es ihr gefällt. In den meisten Fällen steht das im Widerspruch zu allem, was vorher in der Beziehung normal war. Das kann meist ein Partner nicht rüber bringen und wenn doch, dann wird die Partnerin es ihm meist nicht abnehmen können.

Die Rollen sind einfach über Jahre anders verteilt und beide können bei solchen Wünschen dann nicht aus ihrer Haut.

Kommen wir aber noch zu einem vierten gängigen Problem. Nicht selten entwickeln sich Vorlieben auseinander. Was früher mal gepasst hat, passt heute nicht mehr. Ein Partner hat andere Vorlieben entwickelt und sich damit beschäftigt. Oder bereits vorhandene Vorlieben haben sich immer weiter verstärkt.

Schaut sich eine Frau über Jahre für ihr Kopfkino BDSM-Pornos an und ihre Fantasien entwickeln sich immer weiter, dann versucht sie vielleicht wie oben erwähnt dass dem Partner nahe zu bringen. natürlich behutsam und mit eher sanfteren Beispielen. Warum nicht einmal mit einem Dreier anfangen um die Experimentierfreude zu wecken?

Aber schon dieser Schritt scheint dem Mann sehr groß. Es ist quasi schon der Gipfel der Ausschweifung den er sich vorstellen kann und sie umzusetzen verspricht er immer nur, tut es aber nie. Wie soll die Frau dann erst die anderen Wünsche und Fantasien offenbaren? Erniedrigung, Schmerz, Vorführung etc.?

Warum schreibe ich das alles? Um Bewusstsein bei denen zu schaffen, die in einer solchen Situation sind. Nicht jeder kann jedes Bedürfnis erfüllen. Entdeckt die Partnerin ihre Homosexualität sagt man ja auch nicht „Ich mach dir dann eben jetzt die Frau.“. Es geht nicht. Auch BDSM ist ein solcher Fall. Mit ganz wenigen Ausnahmen wie gesagt.

Welche Schlüsse ihr aus dieser Situation zieht, die Ehe öffnen, die Neigung unterdrücken, Trennung oder ein ganz eigener Weg, das muss jeder selber herausfinden. Aber diese besondere Illusion, nämlich „Dann dominiere ich dich eben“, die muss ich euch leider nehmen.

10 Gedanken zu “Vom Partner zum Dom?

  1. Danke für deine Worte, sicher sehr treffend.
    Allerdings finde ich deine Herangehensweise, gleich mal einen Dreier zu probieren, um zu sehen, was so geht, doch etwas viel.
    Ob das nicht eher den Mann sofort verschreckt?
    Warum sich nicht erst mal Zeit geben, vielleicht kommt man auch zu zweit ein Stück in die gleiche Richtung. Wenn es nicht genügt, würde ich immer erst mal öffnen, bevor ich eine dritte Person dazu hole. Er hat ja schon genug mit mir zu tun… 😉

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    • Es war ein Beispiel in einer Beziehung die nur Vanillasex kennt einen Schritt in eine „verruchtere“ und bewusst nicht mit BDSM verbundene Praktik zu gehen. 😉

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      • Naja, dass ist aber auch ein Schritt für so eine Beziehung, ein seeehr großer. 🙂
        Da käme ich erst mal auf den Gedanken „verruchtes Spielzeug“ zu besorgen.
        Aber du hast natürlich Recht, es ist auch deine Geschichte und somit auch dein Beispiel. Ich bin da nur etwas drüber gestolpert, weil es mir eben schon etwas sehr fortschrittlich für diese bisherige Einstellung vorkam.
        Nichts desto trotz finde ich die Aussage hinter deinem Text sehr treffend.
        Danke für die Überlegung, es ist eine gute Diskussionsgrundlage.

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  2. Ich kann deine Beschreibung sehr gut nachvollziehen denn genauso war es mit meinem Mann von dem ich mich in diesem Jahr endlich getrennt habe….
    Er gab bei unserem Kennenlernen vor dominant zu sein doch seine Vorstellung von Dominanz entsprach absolut nicht meiner. Für ihn war es ein Spiel, für mich obwohl ich noch keine große Erfahrung mit BDSM hatte trotzdem eine lebenseinstellung.
    Ich kann nur schwer beschreiben wo genau unsere Vorstellungen nicht gepasst haben aber ich habe es einfach gespürt dass er alles andere als dominant ist und eigentlich wusste er auch schon sehr früh dass er mir nicht genügen kann.
    Trotzdem waren wir ganze 15 Jahre zusammen….
    Er versuchte auch einmal meine Vorstellung von einer Session umzusetzen und ist dabei aber direkt zu weit gegangen und ich konnte mich nicht wirklich fallen lassen weil ich absolut kein Vertrauen in sein Tun hatte. Trotzdem habe ich mitgemacht und ertragen und im Nachhinein weiß ich dass das ziemlich dumm war aber so ist man halt manchmal wenn man sich etwas wünscht.

    Nun habe ich endlich meinen eigenen Weg gefunden und einen wirklichen Dom den ich sehr liebe und der mich ebenso liebt und mir alles gibt was ich brauche. 🙂

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  3. Danke für diesen Artikel.
    Vielleicht haben wir ihn beim Lesen deshalb als etwas einseitig empfunden, weil uns eben dieser Lottogewinn nach über 10 „Stino-Ehejahren“ vergönnt war.
    Das war absolut nicht leicht, und in manchen Zeiten haben wir auch nicht mehr daran geglaubt.
    Mittlerweile leben wir sogar Anteile des 24/7, und gehen Beide darin auf.
    Wir sind heilfroh und dankbar, uns diese Chance mit viel Zeit, Geduld, Mut und Liebe gegeben zu haben.

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  4. Nachdem ich meiner Frau nach 20 Vanilla Ehejahren meine devote Seite gestanden habe konnte sie mich nicht verstehen und das ganze auch nicht nachvollziehen. Trotzdem liebten wir uns sehr. Ihre Konsequenz, sie nahm sich einen Freund, trifft sich auch manchmal noch mit anderen. Ich darf mit ihr nicht mehr machen was mit Sexualität zu tun. Hin und wieder sucht sie eine Domina für mich aus, bespricht mit ihr was die Dame mit mir machen soll und schickt mich dann dort hin. Das klappt jetzt seit 21 Jahren ganz gut.

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  5. […] Wenn der Partner nicht gerne kocht und isst, dann findet man vielleicht Freunde die das mögen. Oder einen Kochclub. Bei so etwas ist das normal. Wenige Menschen würden das als Verrat an der Beziehung sehen. Beim Sex finden das leider sehr viele Menschen schon. Das muss aber nicht so sein. Denn wie wir ja neulich schon besprochen haben, nicht mit jedem Partner kann man alles ausleben. […]

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