Regeln sind wichtig

In Gesprächen höre ich von Sub seit Jahren immer wieder: „Ich habe Angst etwas falsch zu machen“. Und da fängt das Problem schon an finde ich.

Natürlich gibt es viele Arten BDSM zu leben. Aber wenn man sich für D/s entscheidet und das Ganze über eine spielerische und eher rein sexuelle Ebene hinaus gehen soll, dann kommt man um das Thema Regeln nicht herum.

Wenn ihr der Typ seid, der Sub gerne Regeln vorgibt und wenn Sub der Typ ist, sich gerne Grenzen zu setzen und Regeln geben zu lassen, dann habt ihr euch schon einmal gefunden.

Reden wir also über Regeln. Wieso hat Sub so schnell und oft sehr früh die Sorge oder gar Angst etwas falsch zu machen? Ein Grund könnte sein, weil Doms Regeln oft nur als Ausrede verwenden um dann endlich bestrafen zu können. Wenn Dom für Sub nur so herüber kommt, als würde er auf eine Verfehlung lauern, dann ist natürlich auch jedes Handeln ein potentieller Fehler. Kann man so machen, ist aber auf Dauer kontraproduktiv. Sub die immer Angst haben muss Fehler zu machen, wird sich nicht lange wohl fühlen.

Für eine Session oder mal ein Wochenende kann das funktionieren. „Du hast zu laut geatmet“ oder „Du hast das Glas zu voll eingeschenkt“ und zack, gibt es eine Strafe. Das kann vielleicht sogar ganz prickelnd und spannend sein. Für eine begrenzte Zeit.

Aber wenn wir darüber reden, dass es eine D/s-Beziehung gibt, sei es eine feste, eine Spielbeziehung oder gar eine 24/7-Beziehung, dann funktioniert das nicht. Das kann dann nur funktionieren, wenn Sub und Dom wissen, wie die Regeln sind und diese nach bestem Wissen und Gewissen versuchen einzuhalten bzw. durchzusetzen.

Ich bin kein Jurist, aber es gibt den Begriff der Rechtssicherheit. Und dazu schreibt die Wikipedia: „Rechtssicherheit beruht auf der Klarheit, Beständigkeit, Vorhersehbarkeit und verlässlichen Gewährleistung von Rechtsnormen, konkreten Rechtspflichten und Berechtigungen.“
Das trifft es. Auf deutsch gesagt, Sub muss immer wissen, was im konkreten Fall das richtige und was das falsche Verhalten ist. Entscheidet sie sich bewusst für das falsche Verhalten, muss sie mit den Konsequenzen leben. Auch bei versehentlichen Verstößen.

Gibt es also klare Regeln, dann kann Sub sich danach richten. Und diese Regeln können und dürfen dann nicht plötzlich geändert werden. Bleiben wir bei den Beispielen aus dem Alltag. Wenn da ein Schild steht, dass man auf einer Straße 100 km/h fahren darf, man fährt 80 km/h und die Polizei gibt einem einen Strafzettel, dann geht das nicht. Die Regel kann nicht spontan auf „Du darfst jetzt nur noch 70 km/h fahren, auch wenn Du das nicht wusstest“ geändert werden. Das wäre Willkür. Und Willkür funktioniert im BDSM nur selten und noch seltener gut.

Klare Regeln geben also Struktur und ermöglichen es, dass man sich auf sicherem Boden bewegt. Das ist für eine längerfristige D/s-Beziehung aus meiner Sicht unerlässlich. Außerdem können durch solche Regeln auch Rituale entstehen, die wiederum die Bindung erhöhen. Das ist oft ein schöner Nebenaspekt.

Wichtig ist dann aber auch die Frage: Viele Regeln oder wenige Regeln? Das ist eine Sache der persönlichen Vorlieben. Ich selber gebe lieber wenige starre Regeln und entscheide Dinge dann gerne im Einzelfall. Das lässt mir in meinen Entscheidungen und meiner Führung mehr Freiheit.

Ich höre schon die Frage „Was denn zum Beispiel?“. Also dann. Etwas, dass für viele nicht zur Diskussion steht. Für viele ist in Stein gemeißelt „Sub muss sich intim immer glatt rasieren.“ Ich finde das nicht. Wenn ich sie rasiert haben möchte, dann sage ich es und sie tut es. Aber wenn mir nach Abwechslung ist, dann eben so.
Oder „Sub darf nie Unterwäsche oder Hosen tragen.“. Ein Klassiker. Ja, in der Fantasie geil. Aber mal ehrlich, bei Schnee, während ihrer Tage, beim Elternabend oder dem Weihnachtsessen? Ich verstehe den Reiz schon. Aber praktisch gesehen ist es eine Zumutung für Sub die 365 Tage gilt. Und wofür? Für das Wissen, dass sie immer „bereit“ ist und die wenigen Gelegenheiten, wenn man dann wirklich auf sie zugreift?

Versteht mich nicht falsch. Das kann man machen. Dann muss man sich der Tragweite aber eben auch bewusst sein. Ich selber bin da lieber flexibel. Wenn ich sie zum Beispiel beim Weihnachtsessen unten nackt haben will, dann sage ich das. Und dann wird auch nicht diskutiert. Aber warum dafür eine Regel die immer gelten soll? Ich bin da wie gesagt lieber flexibel. Schließlich schließt diese konkrete starre Regel ja auch schöne Dessous aus. Und das will man sich auch nicht verbauen. 😉

Und nicht zu vergessen: wer Regeln aufstellt, der muss diese durchsetzen und Vergehen ahnden. Dazu mehr in meinem Eintrag zum Thema Konsequenz. Wer also viele straffe Regeln aufstellt, der muss diese durchsetzen und ggf. strafen. Denn eine Regel, die nicht durchgesetzt wird ist immer schlimmer, als gar keine Regel.

Zum Ende noch einmal: das mag alles etwas starr klingen. Daher halte ich es auch lieber mit wenigen Grundregeln und mehr Haltung. Aber für eine feste D/s-Bindung sehe ich es als unerlässlich an klare Regeln oder zumindest gemeinsame Grundsätze zu haben.

Sicher gibt es auch andere Spielarten wo eben dann Willkür doch gewünscht und gewollt ist. Wo Angst vor Fehlern zum Beispiel ein gewünschter Effekt ist. Auch das kann sehr aufregend sein. Darum sollte es aber in diesem Beitrag nicht gehen. Vielleicht dann ja ein andermal mehr zu diesen Themen.

Nachtrag: Ich habe inzwischen einen Beitrag geschrieben in dem es einige Beispiele zu Regeln und Geboten gibt.


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25 Gedanken zu “Regeln sind wichtig

  1. Dieser Beitrag ist wieder echt toll geschrieben und ich mag deine Ansichten.
    Ich selber finde es auch viel prickelnder, wenn zb ohne Höschen extra gesagt wird, oder befohlen, oder was auch immer. Anstatt es immer als Regel zu haben. Ich vermute da gewöhnst du dich dran und dann ist es vielleicht nicht mehr so erregend.
    LG
    S

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  2. Ich bin der gleichen Meinung wie du.
    Je weniger die Regel,desto mehr Überraschung.
    Wenn ich irgend etwas möchte,dann sage ich es ihr.Sie hat zu Folgen und zu erledigen was immer ich sage.
    Natürlich in den Grenzen,in denen wir uns bewegen,denn die Grenzen sind eigendlich die einzigen Regeln.
    Wenn sie ihr Halsband umlegt,gehört sie mir,mit Haut und Haaren.
    Wir reden im Nachhinein darüber und entscheiden dann gemeinsam und Punkt

    Gefällt 3 Personen

  3. Regeln ja, aber wirklich in Maßen.
    Wir haben Regeln, die wir beide aufgestellt haben und einige andere, die einfach zum normalen Umgang gehören.
    Aber es werden keine Strafen eingesetzt. Alles was wir tun, tun wir aus Lust daran.

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    • Wie viele man aufstellt ist reine Geschmackssache. Aber wenn man sie aufsetzt, dann sollte man sie einhalten und durchsetzen. Ob ihr Strafen nutzt ist dann auch wieder Geschmackssache.

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  4. Regeln gehören in einer D/s Beziehung dazu. Es muß das Gerüst erstellt werden, die da ihre Grenzen haben, die die Sub vorgibt. Nur das, was gemeinschaftlich erarbeitet wurde, hat Gültigkeit.
    Hier kommt es schon zur ersten Konfontration. Sind Regerln aufgestellt, so müssen diese eingehalten werden, und noch viel wichtiger, sie müssen ständig kontrolliert werden.
    Beim Fehlverhalten muß bestraft werden, sonst wird der Dom unglaubwürdig….und Strafen heißt, der Sub keine Lust verschaffen. Ihr muß klar sein, beim nächsten Mal, bekommst du erneut die vereinbarte Strafe und noch ein Aufschlag dazu.
    So können die Regeln gleich mit Strafen gepaart werden. Alles andere kann nach gutdünken mit Anordnungen eingefordert werden….und reichen so das Spiel an.

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  5. Mir gefällt die Aussage nicht, dass der Sub bei Strafe keine Lust verschafft werden darf, ebenso wie die Androhung auf mehr Schmerz und der Glaube das ein Dom unglaubwürdig wird wenn er nicht ständig kontrolliert und bestraft.
    Für mich klingt das genau nach dem „Angst etwas falsch zu machen“ Thema welches hier angesprochen wurde und wie ich finde verdammt wichtig ist!
    Mein Dom würde mir niemals Schmerzen bereiten die mir keinen Spaß machen! Nicht einmal um mich für ein Fehlverhalten zu bestafen!
    Und ich finde genau das ist es was ihn so Glaubhaft und Dominant macht! Die Tatsache das ich ihm vertrauen kann!

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    • Das kommt eben genau darauf an wie ihr beide BDSM lebt und für euch definiert. Der Begriff „Strafe“ bedeutet per Definition ja etwas, dass irgendwie unangenehm sein muss. Sonst wirkt es ja nicht. So funktioniert auch unser Rechtssystem. Aber wenn ihr das für euch beide so definiert, dass nichts passieren soll dass die Schmerzen bereitet, dann ist das ok. Da stimme ich dir voll zu. Vielleicht bestraft er dich irgendwie anderweitig. Oder Strafen spielen bei euch gar keine Rolle und ihr habt eine andere Basis.

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      • Ganz so hab ich es nicht gemeint … natürlich bestraft mein Dom mich und natürlich bereitet es schmerzen und das ist auch gut so, denn wie du sagst ist Strafe tatsächlich etwas negatives und funktioniert natürlich nur auf solch einer Basis. Mir gefiel nur Mastergunters Antwort nicht… es klang für mich zu sehr nach Vorschrift und Zwang. Du musst sie hart bestrafen sonst verliert sie den Respekt vor dir! Ich glaube das viele Doms mit wenig Erfahrung sich genau an so ein Denken halten und damit viel „Ungleichgewicht“ in die Beziehung zu ihrem Sub schaffen.

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      • Dass es da keine „absolut richtig“ und „total falsch“ gibt sollte klar sein. Es muss eben passen für die beiden die es tun. Wenn die erwähnte Antwort so verstanden wird, dass Strafen NUR SO funktionieren können, dann widerspreche ich auch vehement. Da sind wir uns einig.

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      • Ich glaube es ist schwer für einen Dom zu entscheiden Mit welcher Härte eine Strafe erfolgen soll und wann es genug ist. Ich kenne leider nur die Aussage meines Doms der meint ich solle ihm da vertrauen, er wüsste ganz genau wann ich genug hab. Was so auch voll und ganz stimmt! Doch die Tatsache ist doch, dass es viel größere Auswirkungen hat wenn er einen Fehler begeht, als wenn ich dies tue. Ich kann ihm ja schlecht ebenfalls mit der Peitsche drohen 🙂

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  6. Ich frage mich immer wie schwer es für einen Dom wohl ist wirklich zu erkennen wann er zu weit geht, wann eine Strafe gerechtfertigt ist und in welchem Maas… Ich glaube es lastet viel Druck auf ihm und auch wenn mein Dom mir immer wieder versichert das er es mir ansieht so bald ich meine Grenzen erreiche ist es natürlich eine ganz andere Sache wenn er in dieser Hinsicht einen Fehler macht, als wenn der Sub einfach nur eine Regel missachtet.

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